Montag, 27. Dezember 2010

Last night and 51 years

Nachdem ich mit "The hotel new hampshire" quasi im Zuge meiner DerStd.Bibliothek über Irving gestolpert war, war es kein langes Zögern, als ich von seiner Neuerscheinung "Last night in twisted river" hörte, diese zu ordern, und das, um den guten Mann auch selbst ohne Synchronstimme zu hören, in englischer Sprache, was die Lektüre vielleicht verlängerte, aber auch bestimmt bereicherte, denn übersetzen sie mal das Wortspiel "cook-cookie" auf Deutsch, oder "don´t get your balls crossed about this", "constipated christ". Ich muß aber sagen, daß trotz all des Lobes mir Das Hotel besser gefallen hat. Allemal bietet dieses Buch auf seinen 585 Seiten etliche spannende Fundorte. Es wird eine Geschichte über 5 Jahrzehnte erzählt, eine Geschichte von Flucht, Angst, Rückschlägen und Wegbegleitern von Dominic, Daniel und Ketchum. Mit Zeitsprüngen und Rückblenden, mit der "Aufladung" von Gegenständen (z.B. das eight-inch cast iron skillet, der Blaue Mustang, oder Ketchums left hand) läßt sich dann immer wieder sehr gut spielen. Wiegleich es Irving schafft, eine Balance der Kernhandlung und der Erzählung zu halten, wo zum Ende alles Sinn ergibt! Fein auch die Mehrschichtigkeit, weil Koch´s Sohn Daniel Schriftsteller ist und sich ständig die Frage aufdrängt, ob da Irving sich selbst verwurstet, ob er selbst über sein Handwerk schreibt, was ganz am Ende darin gipfelt, daß er aus Innensicht des Daniel die Diskussion mit sich selbst ausbreitet, mit welchem Satz er das Buch wohl beginnen wird. Wie er es aber gemacht hat, so etwas zustande zubringen, erklärt er uns dann - mit Ausnahme einiger Bücher und Restaurants - doch nicht ausreichend (leider, hehe).

John Irving: Last night in Twisted River. 2010.

Freitag, 3. Dezember 2010

Holt mich hier raus (Ich bin ein Star)

Star, Luxuswesen, Globetrotter, Jetset Lady: Oh mein Gott, was ich mitgemacht habe. Das ist zu berichten wert. (Und das mir!) Ich war also wieder auf einem meiner luxuriösen Shoppingtripps nach good ol´London, schwenkte mein Gucci Täschchen und verachtete H&M (daß es H&M auch in London gibt! Zum Glück kaufe ich nicht in den Geschäften des Pöbls (weil, warum sollte ich dann nach Loooondon fliegen!) Nun stolziere ich also in meinen Heels (von Kurt Geiger) zu meinem Konzert, dem einer Alternativband. Musik zu hören (und deren Konzerte zu besuchen, wenn möglich verbunden mit ein, zwei Flugstunden), die der Pöbl erst garnicht kennt, das ist ein Unterscheidungsmerkmal, auf das ich nicht ohne Grund stolz bin. Ihr müßt Euch erst vorstellen - wie aufwendig! Immer neue Bands zu finden, den Pöbl ständig im Gnack. Da red ich ja garnicht von Ö3 (igitt), sondern von den Pseudoalternativen. Kaum habe ich das Konzert verlassen (das war natürlich unerreicht gut, und es hat mir in Facebook® Punkte gebracht sowie ein "I like" mehr (nicht "gefällt mir"), denn NATÜRLICH betreibe ich meine Facebook® Oberfläche in Englisch, als halbe Irin, halbe Londonerin, halbe ... Na, mit dem Rechnen, egal. So eine Klammer muß ich, glaub ich, noch zu machen. ) Erledigt. Also wo war ich, ja, auf der Straße vor dem traumhaft schönen Ambiente (wie hier alles traumhaft schön ist, so weihnachtlich, ich bin geneigt, diesem Kitsch fast schon zu verfallen). Und da war er! Weiß, kühl, feucht, überall, an mir, bis auf die Haut, anhaltend, stark und sanft zugleich: der Schneefall. Das Drama (dann schon sensa musica) nimmt seinen Lauf. Gatwick gesperrt! Kann natürlich nur ein schlechter Scherz sein, also hin. Meinem - zugegeben leicht gekünstelt - hysterischen Anfall beim VIP Schalter von Skyeurope (oder wie die heißen) folgt die Desillusion, daß heute kein Flieger mehr geht und auch alle Hotels ausgebucht sind. Das würde heißen, ich müßte auf einem Feldbett in einer Halle nächtigen, in der sich hunderte fremde Menschen befinden, atmen, schwitzen, und was sonst noch alles. Und das mir! Ausgeschlossen, igitt. Ich zücke eines meiner beiden mit Swarowksy Steinen bestückten Mobiles (für den Pöbel: Handys) und muß feststellen, daß sich die Akkus gegen Null befinden. Ich werde panisch. Wie zum Henker soll ich nun meinen Rettungsruf absetzen? Mit einem WAS? Na, entschuldige, aber das haben was-weiß-ich-wie-viele, teils (oder alle) grauslichen Menschen mit ihrem Ohren und Mündern und Bakterien und Viren berührt. Vorher schreie ich so laut, daß ER mich hört. Er, Didi. Nicht DER Didi. Der könnte mich nur abholen, wo man mit einem Sechszylinder (Allrad) hinkommt. Hier brauche ich schon den großen kleinen Didi. Heb schon ab. Didi! Ich bin ein Star! Holt mich hier raaaaaaaaaaus.

Nachrichtensprecher: Ein Privat ähm Firmenjet mit dem Flugkennzeichen OE-Sprudler1 hat heute den Landeanflug auf Gatwick angetreten, obwohl der Tower mehrfach auf die Sperre hinwies. Beim Aufsetzen...

Luxusgirl: Und dann war es soweit. Ich fügte mich meinem Schicksal und kam zu liegen neben einem, wie soll ich es sagen, Pfarrer wäre vermutlich am zutreffensten. Er hielt mir eine Predigt wegen meines Lebenswandels. Ich könne doch nicht soviel Geld verprassen für sowas. Und mein CO2 Fußabdruck. Und überhaupt, was sich MEINE Generation dabei denke. Ich sagte ihm, er solle doch bitte sonst wo seinen Frust und Neid abladen daran, daß wir die Auserwählten sind, daß wir Spaß ohne Ende haben können und in Luxus schwelgen, daß wir die Krönung der Schöpfung... Danach (Retourpredigt) gab er zu, ein langweiliges Leben zu haben und er wolle sich bessern. Er lud mich auf einen Automatenkaffee ein. AUTOMATENKAFFEE! Ich befinde ja schon den Clooney Kaffee als Abwaschwasser. Hätte er wenigstens ein Gläschen Champagner im VIP Bereich angeboten. Nichts hat er gelernt. (Pausiert) Dabei fand ich ihn irgendwie... und wollte mich gerade für...

Der Lautsprecher zerreißt die Stille, es geht weiter, und wie es sich gehört (schon seit 14.April 1912 ist das offiziell), werden die STARS zuerst RAUSGEHOLT. Ich blickte mich nicht um, fand mich unter meines Gleichen, Luxusmenschen wie aus dem Hochglanzkatalog, stilgerecht echt mit Hang zu Städtetrips. Warschau, ich komme!