Sonntag, 29. Juni 2014

Zieht mich da nicht rein!

Mit der Selbstsicherheit ist es schon so eine Sache. Quasi wie mit einer Self Fulfilling Prophecy. Dem Autor von Tunneltod ist selbige nicht abzusprechen. Und obwohl ich dieses Getue nicht leiden kann und lieber in stillen Wassern fische, habe ich das Büchlein, das sich der Bub ausgeliehen hat, zur Hand genommen. Die Story: skuril, aber unterhaltsam. Die Art und Weise: den Dialog mit dem Leser finde ich ja nett, aber hier fast etwas übertrieben. Und am Flughafen wird man dann noch zum Koplizen! Mit reingezogen! Nur recht, daß der Kalander dafür in Häfn muß! Für die kuriose Idee mit dem Alzheimerrennfahrer gibt´s aber trotzdem ein Plus. Eine leichte Sommerlektüre, das Gegenteil von einem Vierfingerspritzer (4 Finger am Viertelglas vertikal anmessen und mit Wein befüllen, sodann 4 Finger horizontal anmessen und mit Sprudel ergänzen), also ein Sommerg'spritzer.

Lutz Sommerfeld: Tunneltod.





Mittwoch, 25. Juni 2014

Gauß oder Humboldt, das ist hier die Frage

Zwei Persönlichkeiten, die dasselbe wollen, es aber auf völlig unterschiedliche Weise versuchen. Ein sehr amüsanter, interessanter und lehrreicher Roman, den Herr Kehlmann da abgefaßt hat. Zügig geschrieben, mit zahlreichen Pointen und gelungenen Dialogen, vor allem das Streitgespräch von Gauß mit Humboldt darüber, was Wissenschaft sei. Empirie oder Theorie? Deduktion oder Induktion?
Wo finde ich mich zwischen den beiden? Der Abenteurer, der reist und alles probiert, naiv, draufgängerisch. Oder der Grübler, der im stillen Kämmerchen werkt, ein Blatt Papier, allenfalls noch ein Fernrohr, ein Mann, der nicht aufgebe, ehe er verstehe. Klare Antwort: zweiteres. Ohne mir irgendetwas anzumaßen. Aber simples Nachdenken scheint in der heute aktuellen Reizüberflutung unmodern geworden zu sein. Man schaue sich nur als ein Beispiel die Android-App 'Play Kiosk' an - damit kann man sich so mit Infos vollstopfen, daß ein Verdauen aussichtslos ist. Und das ist nur ein Dienst. Oh, wie würde Gauß da vortrefflich schimpfen über so einen Unsinn. Denn er begriff schon früh "...daß niemand den Verstand benutzen wollte. Menschen wollten Ruhe. Sie wollten essen und schlafen, und sie wollten, daß man nett zu ihnen war. Denken wollten sie nicht.“ (55)
Gibt man noch ein Schlußwort auf das Altern, das gerade in der Rußland Reise schön dargestellt ist: derartiges wird wohl ausgeblendet. Wie gehen wir mit der Infoschwemme um, wenn man nicht mehr gut geht, nicht mehr richtig sieht und so langsam denkt. (245) Aber jede Wette: im Gugl Playstore gibts auch dafür eine Lösung, den Infodestillator.

Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt.



Mittwoch, 18. Juni 2014

Gnadenlos gnadenlos

Eines der ersten Bücher, das ich mir damals aus einer Bücherei entlehnte (Berufsschule, denke ich) war Jagd auf Roter Oktober. Und irgendwann habe ich käuflich "Gnadenlos" erworben, ebenfalls von Tom Clancy. Letzens ist es mir in die Hände gekommen und ich begann zu lesen, einfach anlesen. 747 Seiten später... Obwohl es relativ platt daherkommt, halten die ständigen Szenenwechsel die Spannung aufrecht, und auch die technisch detaillierten Beschreibungen sind etwas, das man in einem Film nicht rüberbringt. Anders gesagt: einen Film mit dieser Handlung zu machen, der mir zusagt: schwer. Aber das Buch ging leicht runter.

Tom Clancy: Gnadenlos.

Porno mit Handlung

Nun, zunächst habe ich zu diesem Buch gegriffen aus Neugier, und weil ich wissen wollte, wie explizit die dort beschriebenen Darstellungen sind, damit es so einen Ruhm erhält. Wie weit die Wortwahl geht, wird relativ bald klar. Und man beginnt sich zu fragen, wie man nicht nur 600 Seiten davon lesen soll, sondern noch zwei weitere, ähnlich dicke Bände. Aber geirrt: man kippt in die Welt von Ana und Christian, und bald sind die expliziten Szenen nur mehr Dekoration über den Gesamtbogen. Der Schluß kippt dann etwas zackig, als ob die Autorin nicht sicher war, ob es einen Teil zwei gibt oder nicht. (Gibt es.) Aber ich war positiv überrascht, obgleich etwas sprachlicher Anspruch das Vergnügen erhöhen könnte. Band zwei wird früher oder später dran kommen.

50 shades of grey - Geheimes Verlangen.



Dienstag, 10. Juni 2014

Der die Austrizismen restauriert

Nun habe ich mich also über einen der - ich sage mal so - neuen Österreichischen Krimis drüber getraut. Es gibt einen Ermittler, diesmal kein Kommissar, sondern ein Restaurator. Sprachlich gewandt und mit vielen Wortwitzen, die gegenüber der Handlung bei mir fast die Oberhand gewinnen, gepaart nämlich mit zahllosen Austrizismen, folgen wir dem Metzger bei seinen Ermittlungen, Höhen und Tiefen. Die Abgründe sind noch überschaubar, jene, die offengelegt werden, sodaß sie nicht zum Selbstzweck werden. Obgleich schon die Exposition des Metzgers ein unterhaltsamer Teil war, der in den Folgebüchern nicht mehr vorkommt (man kennt ihn ja schon wie einen alten Haberer), verlockt doch Sprachgebrauch und Schmäh ein Weiterführen der Lektüre.

Thomas Raab: Der Metzger muss nachsitzen.