Dienstag, 30. September 2014

Rumba ohne Zicken

Sofort ins Auge gesprungen ist mir bei dieser Rumba, daß der Hauptdarsteller keine, sagen wir: praktisch keine Zicken macht. Die Bekanntschaft von weiß ich wie vielen Kommisaren haben wir schon gemacht, und die meisten hatten auch ohne Fall genug mit sich selbst zu tun, genug Probleme am Hals. Man mußte ja schon froh sein, wenn sie nur Säufer waren, mit der Klientel ins Bett gingen, ein paar Drogen nahmen, das Gesetzt hie und da dehnten und die Vorschriften für Vorschläge hielten. Denn die Ärgeren haben parallel agiert, waren Kriminelle und Kieberer zugleich. Marc Vanhagen zankt sich ein wenig mit seinem ungeliebten Kollegen rum, aber das war´s schon. Sonst ist er nur Ermittler und Familienmensch.

Trotzdem oder vielleicht deswegen ist der Thriller von Harald Friesenhahn lesenswert. Er schmückt auch keine Szenen unnötig aus oder führt seitenlange innere Dialoge, auch die Sprache macht sich nicht wichtig. Diese Geschichte ist einfach geschickt angelegt und wird durch das Tempo getragen. Durch zwei Handlungsströme, einer in einer bekannten Region, Wiesen (kein Erdbeermord!) und Umgebung, und ein Thermenort namens Erlachberg (nicht schwer zu erraten), der andere im Kongo. Es dauert lange, bis die beiden Handlungen zueinander finden. Aber die abwechselnde Erzählform mit scharfen Cuts hält die Spannung aufrecht: was hat der Wiesen-Mord mit dem Kongo zu tun?

Bleibt zu sagen: Trocken, aber gut!

Harald Friesenhahn: Rumba Congolaise.

Freitag, 26. September 2014

Was für ein Idiot!

Mit dem geschriebenen Wort kann man den Tonfall nicht mitliefern, der hinter "Was für ein Idiot!" stecken kann. Dies kann verächtlich gesagt sein, oder mit Begeisterung. Letzteres dann, wenn man ihn einfach liebt, den guten, netten Idioten, nennen wir ihn Ljow Nikolajewitsch Myschkin. Er ist einfach keine Konkurrenz für das Establishment der Oberschicht und all jener, die sich dazu wähnen. Ihn hat man gerne zum Freund: niedlich, naiv, nervtötend manchmal, entwaffnend ehrlich. Gerade in letzterem liegt aber dann doch eine Bedrohung: die Wahrheit. Etwas, das keiner hören möchte. Heute wie vor 150 Jahren nicht anders. Aber Unterhaltungswert hat er, und darum hält man ihn sich nah. Des Standes übertrüssige junge Damen finden Gefallen an ihm. Aber auch die vermeintlich böse Natasja benutzt ihn als Spielball im Doppel mit Rogoschin. Und da soll man nicht verrückt werden!
Aber wie rät uns der Autor: vielleicht sind manche Figuren in Roman etwas übertrieben, aber in verdünnter Form werden wir ihrer durchaus gegenwärtig. Und welchen Narren halten Sie sich in ihrem Freundeskreis?

Fjodor Michailowitsch Dostojewski: Der Idiot.