Montag, 14. September 2015

Die Mißgeschicke des Jägers

Ich pflege bei Büchern stets, die Augen von den Klappentexten fern zu halten, wo erklärt wird, worum es in dem Buch geht. Warum auch immer möchte ich einen Text unvoreingenommen in seiner Abfolge lesen und mir selbst ein Bild machen. Bei anspruchsvolleren (für meinen gewiß nicht übermäßig breiten Horizont) Werken kommt es vor, daß ich bis zum Ende nicht erkenne, worauf das Buch hinaus will. Und jetzt frage ich Sie: sollte ich mich darüber ärgern oder freuen? Nehmen wir die Geschichte des Jazzers Johnny Carter in Jose Cortazars Buch her. Geht es um der Verhältnis Kritiker (Bruno) zu Musiker? Oder ist die Musik zentral? Oder der Widerspruch zwischen Erfolg und gleichzeitigem Verfall? Letzteres exemplarisch für eine ganze Generation Künslter, die da folgte. Oder stellt es den Versuch dar, einen Jazzmusiker aus einer anderen Perspektive zu zeichnen, mehr die Tiefen als Höhen in den Fokus rückend? Am Ende, glaube ich, soll es einfach ein Stimmungsbild sein, die Atmosphäre eingefangen, die scheinbar nicht greifbar ist. Dann allerdings ist dieser Roman nicht zu unrecht in der SZ Bibliothek.

Jose Cortazar: Der Verfolger.
SZ-Bibliothek Band 21

Freitag, 11. September 2015

Am Ende der Welt und noch siebenhundert Meter weiter

Werte Kaiser Vea, entweder verfügen sie, was ich eher nicht glaube, über eine unerhörte Vorstellungskraft, oder sie kommen selbst aus einem Kaff am Ende der Welt, und waren selbst diejenige, die wie Johannes A. Irrwein, mit den Verhältnissen dort nicht zurande kam. Dabei sind Sie noch jung, und die geistige Enge des Dorfes war zu Ihrer Zeit schon sicher durch Internet und so Zeug porös. Aber in den verschiedenen Generationen im Dorf haben Sie richtig abgelesen, daß sich in den letzten Paarhunderjahren an den Prinzipien nicht viel geändert hat. Ich glaube ja, in Awstria gibt es dergleichen Dörfer mehr, als man annehmen sollte, und wie anders möglich komme freilich ich auch aus einem. Erwschwerend: wir wohnten nicht einmal im Dorfverbund selbst, sondern auch noch abgelegen. Und wie den Irrwein hat mich zu einer gewissen Zeit ein Sog erwischt, der mich das Dorfleben mit der Teilnahme daran auch als "aufregend" empfinden ließ. Und hier endet das Buch. Bei mir wurde aber die Aufregung nach wenigen Saisonen brüchig, und die alte Skepsis war zurück. Oder sagen wir statt Skepsis besser, mir fehlt einfach die Verve für das saisonal oszillierende, abgeschlossene Dorfleben. Wie wäre es wohl dem Irrwein ergangen nach dem FC St.Pauli Match und dem High Life. Katerstimmung? Denn die Bergbarbaren haben sich freilich geöffnet - einmalig und zwischendurch - aber kann man da gleich von der Aussöhnung zwischen ihnen und den Zivilisierten sprechen?

Abseits unlustiger Überlegungen meinerseits haben Sie ein sehr kurzweiliges Buch abgeliefert, das mir - der ich nicht wenig ablehnend gegen geschriebenen Dialekt eingestellt bin - gut getaugt hat.

Vea Kaiser: Blasmusikpop