Donnerstag, 16. Mai 2019

Der neue Mann v2.0

Angelika Hager hat das Buch "Kerls!" vorgelegt, das sich dem Thema "Mann im 21.Jahrhundert" annhähern möchte bzw. am Klappentext sogar als "diskrete Schulungsunterlage für den feministischen Macho" gepriesen wird. Ich glaube, viel vom dem wird ohnehin frommens Wunschdenken bleiben. Zum einen gibt es viel zu wenige Männer, die überhaupt in der Lage sind, diese Ansprüche zu erfüllen. Das führt dazu, dass die Nachfrage nach diesen überbordend wird. Und dann fällt das zurück auf die Frauen, weil was glaubst Du, was für einen Anwert Du (in jeglicher Hinsicht) aufs Tableau legen musst, um da dran zu kommen und ihn auch (be-)halten zu können. Die Frage ist jetzt: wie können sich einigermaßen vernunftsbegabte, aber eben nicht zur Elite der alternativen Wunderfuzzis gehörende Männer einen Weg da durch finden?
Gleich vorweg: es gibt heute ein Portfolio an Regeln (das Wort Mindeststandards liegt da eher zu niedrig angesetzt), die ohne Umschweife einzuhalten sind, korrektes Verhalten, no go´s beachten, althergebrachte Irrtümer ("Wenn eine Frau nein sagt, meint sie ja") über Bord werfen. Das muss in jeder Situation gelten, auch wenn einer in einem Zustand ist, wo er nachher sagen will: eine bsoffene Gschicht. Als nächstes: Verbindlichkeit. Abrücken von diesem "alle Möglichkeiten offen halten", nach "allen Seiten bereit sein". Wenn Euch eine Frau wirklich fasziniert, dann seid nur auf sie fokkussiert, aufmerksam, aber auch nicht schleimerisch. Die restlichen Frauen werden vom v2.0 korrekt behandelt, aber Bevorzugungen und die große Zuvorkommenheit sind nun kein Element des Knigge mehr. Aufmerksamkeit ist ohnehin schon ein knappes Gut und sollte dann nicht breit verschwendet werden. Nicht zu vergessen ist, dass es einen großen Gap zwischen Sein und Schein gibt: die Nettigkeitsfalle. Nette Kerls werden gemocht, aber sie kommen nicht zum Zug. Den will Frau als Freund, aber nicht als Partner. Bei all den Anforderungen muss Mann nicht mitspielen. Es ist ohnehin zielbringender und entspannender authentisch zu sein, Trends und Lifestyles außen vor zu lassen. (Wobei nochmal: haltet Euch verdammt noch mal an die Regeln!)
Die Idee ist, dass der v2.0 wieder etwas vom Gleichgewicht herstellt, das mit den Anforderungen des "neuen Mannes" verlorgen gegangen ist. Mich erinnert das an den Hype-Cycle, was hier derzeit abgeht: der Hype wird nachlassen, und es wird wieder einen Erwartungswert geben, den (relativ) viele erfüllen, der aber trotzdem neu ist gegenüber der Version Mann vor dem neuen Mann v1.0. Da müsst Ihr hin, das ist der Auftrag: korrekt sein, sich trotzdem nicht völlig aufgeben.

Mittwoch, 1. Mai 2019

Wer ist hier verrückt? Besser: wer nicht.

Das Schema ist auch hierzulande nicht unbekannt. Eine äußere Hülle, etwa ein Konzern, wird betrieben, damit sich intern alle nach Möglichkeit bereichern und tun, was sie wollen. Übertreibt man es, geht die Bude vor die Hunde, aber dann sind die Schäfchen im Trockenen, und Schuldige lassen sich nicht genau feststellen. Dass es in Krankenhäusern mitunter drunter und drüber geht, merkt man, ohne ein Interner zu sein. Die Kombination, die vermutlich eher in den USA läuft, nämlich Krankenhaus und Unternehmen mit Melkkuh Versicherungen, ist dann schon spannend. Noch spannender: eine Psychoklinik, Mount Misery. Der Ansatz ist verrückt, und die Leidenssationen von Roy G. Bash werfen die Frage auf, wer hier am verrücktesten ist (doch nicht die Patienten).

Trotz des guten Plots geht dem Buch irgendwie das Geniale von "House of God" ab, warum könnte ich garnicht sagen. Es gibt Skurriles, Heiteres, Komisches und Charaktäre, die sich jeder für sich einen Abschlussapplaus verdient haben. Vielleicht ist es ein bißchen gekünstelt, ein bißchen zu psychisch.

Samuel Shem: Mount Mistery.