Montag, 30. Dezember 2024

Nicht gerade nichts

Dass über uns alle Daten gesammelt werden, ist ja etwas, das man weiß, erahnen kann, fühlt - etwas von dem. Alleine wenn man an harmlose, scheinbar sinnvolle Apps (und tatsächlich ist es eine sinnvolle App) wie Duolingo denkt. Was erfahren die alles über mich? Wie lernfähig ich bin. Wie viel Durchhaltevermögen ich habe. Wie oft ich denselben Fehler mache. Zu welchen Zeiten ich das Tool nutze. Welcher Gamification-Aspekt zieht besonders (Flammen, XP, Liga, Platzierung, Anzahl Freundesmissionen in Folge,...), wie geht es meiner Stimme, wie schnell kann ich mit dem Handy tippen. Und und und. Man lebt damit, indem man den großen Tech-Firmen traut, dass sie das tun, was Google behauptet, nämlich nichts Böses. So, und dann bekommt man "Going Zero", das Buch, in die Hand, und man findet den einen Teil der Erzählung, dass die Tech-Firma ihre Daten mit denen der "Dienste" zusammenführt, nicht überraschend spekakulär. Die Idee mit dem Beta-Test ist amüsant.  Ein paar der vorgestellten Verfahren sind es auch: wie fahre ich zu einer Kreuzung hin? Wo bleibe ich im Supermarkt zu lange stehen? Welche Songs aus den 70ern streame ich? Die zweite Phase ist dann eine coole Idee und bringt Leben in die Handlung. Und dass "die" am Ende immer gewinnen, ist klar. Ob all die Überwachung, oder eher die Steuerung und Manipulation, die fix stattfindet, vor allem mit der handysüchtigen jüngeren Generation, ein Problem wird, hängt davon ab, was die Eliten mit uns vor haben. Schon gruselig auch.

Anthony McCarten: Going Zero.

Sonntag, 15. September 2024

Furioses Kino

 Das ist natürlich eine Frage zuerst, ob man Filme, in denen (im zweiten Teil des Klassikers lassen sich die Dialoge auf einen Bierdeckel schreiben) nicht viel geredet wird und endlose Actionsequenzen auf staubigen Landstraßen Kern sind, mag. Dann ist man entweder in der Welt von Max Rockatansky und Furiosa sowie den ganzen anderen Charaktären, etwa der liebliche Dementus oder Wez zu Hause. Im Unterschied zu anderen Filmen mit viel Action und Gewalt, gibt es hier Ebenen ohne Ende zu finden: Religion, Anarchie, Postapokalypse und eine große Portion Phantasie. Nämlich für all die Kostüme, Schminke und die Fahr- und Flugzeuge - wirklich bemerkenswert.

Furiosa - A Mad Max saga

Sonntag, 25. August 2024

Der Ryhthums, wo ich mit muss

 Offenbar, wenn ein Buch einen guten Rhythmus hat, dann muss ich mit. Rhythmus, ein Zeitmaß, kann sich auf alles mögliche in einem Buch beziehen. Zum Beispiel auf die Kapitel, die zu Beginn immer mit einem Tag zusammenfallen - und die Tage von Toru Okada sind zu Beginn einer wie der andere. Womöglich hat auch der Satzbau eine gute Passung, sodass man gerne liest. Es wird ja gewaltig abgeschweift, späterhin. Das Übersinnliche, wo ich sonst nicht so der Fan bin, passt hier auch gut dazu. Vielleicht sollte man sich ab und an in einen (ausgetrockneten) Brunnen setzen und warten. Außerdem macht das Buch Lust, Japan bzw. dessen Geschichte im 20.Jahrhundert, besser kennenzulernen.

Haruki Murakami: Die Chroniken des Aufziehvogels

Donnerstag, 8. August 2024

Unmöglich, aber unterhaltsam

 Diese Geschichte ist derart an den Haaren herbeigezogen, dass es schon wieder gut ist. Wer würde jemanden in die eigene Firma einstellen, um eine passende Frau zu finden? Als leichte Sommerlektüre passt es aber schon. Und dass der Hund natürlich an allem Schuld ist, ist klar. Genauso, dass das übliche Anforderungsschema an den Mann in solchen Romanen erfüllt ist: wahnsinnig reich und wahnsinnig attraktiv. (Der sich von einer garnicht so perfekten Frau zähmen lässt)

Laurelin McGee: Mr.Undateable

Donnerstag, 1. August 2024

Kinderblick mit sprachlicher Finesse

Die Stationen, welche Ellen hier durchmacht, sind etwa der Friedhof als Spielplatz (weil man mit dem Stern nicht in den Park darf), oder der Verdacht, Feindsender zu hören, der Zug an die Front, der Keller im Bombardement, die Schlacht um die Stadt. Die Perspektive des Kindes, die nicht da und nicht dort ist (Stern oder nicht Stern, das war dort die Frage) wird verbunden mit einer Sprache und Dialogen, die die Bilder verzerren und zugleich über sie hinausragen. Eine Figur, die gut als Denkvehikel taugt, hier in zwei Beispielen: "Bleibt, um zu gehen, und geht, um zu bleiben.- So wird das Bewegte ruhig und das Ruhige bewegt"

Ilse Aichinger: Die größere Hoffnung.

SZ-Bibl.Bd.72

Sonntag, 28. Juli 2024

Der Babelfisch, ein Handtuch und die Zahl 42

Es ist schon ein schräges, kurzweiliges Buch. Man möchte gerne das Zeug haben, das Adams geraucht oder eingeworfen hat, als er das entworfen hat. Kuriositäten, Skurrilitäten, ständige Twists, lockere Sprüche halten den Reiseführer am Kochen. Wir lernen zudem über Unwahrscheinlichkeit, und wie man damit ganz rasch sogar zugleich in A und B ist. Wirklich ein must read.

Douglas Adams: Per Anhalter durch die Galaxis

Sonntag, 7. Juli 2024

Wenn es glost, aber dabei bleibt

 E L James ist ein Name, und der Name verkauft. Aber was sie uns mit "The Missus" andrehen will, ist nicht so toll. Erotisch glost es hier, und die Beschreibungen sind immergleich und können die Phantasie nicht erwecken. Auch die Geschichte drumherum ist langweilig und ohne Highlights. Ich frage mich, warum ich es zu Ende gelesen habe. Vermutlich um zu sehen, ob da nicht doch noch etwas kommt. Nein, leider. Es glost dahin, aber beginnt keine Flammen zu schlagen.

E L James: The Missus

Sonntag, 19. Mai 2024

Wann ist das Fremde nicht mehr Fremd

 Wenn ich "Das schöne Ausländerkind" (von Toxische Pommes) lese, dann denke ich mir, dass dieses Buch um 20 Jahre zu spät da ist. Weil echt jetzt, die Leute vom Balkan sind mittlerweile das, was die "Ziegelböhmen" schon vor 100 Jahren waren, nämlich Teil der Identität Österreichs. Würde man die Schnapsidee der Leitkultur, die gerade als einer von vielen Wahlkampfschmähs verwurstet wird, annehmen, dann gehören diese Leute definitiv hinein. Vermutlich ist diese Tatsache auch ein Teil dessen, warum man das Buch als gelernter Österreicher wehmütig liest. Lächerlich, denkt man sich heute. Und an die innere Zerrissenheit der Menschen (Toxis Vater) denkt man ja garnicht - außer man ist selbst in ein anderes Umfeld. Ich denke, die ÖVP Leitkultur ist heutzutage wohl eher eine Minderheitsform, die aber breit dasteht, weil da genau die Erbengeneration hineinfällt. Viele Häuser werden auf immer weniger Erben aufgeteilt. Und die machen sich wichtig, ohne zu sehen, dass die Realität sie längst überholt hat. Ein wertvolles Buch, das unaufgeregt und ohne zu werten zeigt, dass Migration für die Migranten kein Spaß ist.

Toxische Pommes: Ein schönes Ausländerkind.

Sonntag, 5. Mai 2024

Mafia: gut, aber aus

Nach dem, was ich bisher von De Cataldo gelesen hatte, war "Alba Nera" eigentlich nur eines von zahllosen Werken, ein bisschen Simon Beckett, ein bisschen Polizistengenre. Die Mafia-geschichten gibt´s offenbar derzeit leider nicht von ihm.

Giancarlo De Cataldo: Alba Nera

Sonntag, 7. April 2024

Criminale a Roma

 Drei Bücher aus der Feder von Giancarlo De Cataldo (zwei davon mit seinem Spezl Carlo Bonini) bringen italienisches, nein römisches Flair in den Lesealltag. Dabei ist mir Suburra nur des Titels wegen aufgefallen. Da gab es eine Netflix Serie. Aber ehrlich, die Serie hat verdammt wenig mit dem Roman zu tun. Neben dem Italienischen mag ich auch die Tatsache, dass es hier hundert verschiedene Stufen von Grau gibt, aber sicher kein Schwarz und kein Weiß. Hier ist niemand ein lupenrein "Guter" und niemand ein lupenrein "Schlechter". Wie im echten Leben halt. Manchmal ist man vielleicht in der Gefahr, den Überblick zu verlieren, weil die Anzahl der Charaktäre hoch geht. Aber jedenfalls mein Geschmack.

Giancarlo de Cataldo & Carlo Bonini: Suburra
Giancarlo de Cataldo & Carlo Bonini: Die Nacht von Rom
Giancarlo de Cataldo: Romanzo Criminale

Dienstag, 6. Februar 2024

Liebe ist Verhandlungssache

 Der sonst mäßig geniale Band "Playing with Fire" hat aber eines schön gezeigt. Zwischen Mann und Frau (opt. alle anderen Kombinationen) gibt es in einer Beziehung viel auszuhandeln. Im Buch beginnt es ja ganz formal mit einem Vertrag, bei dem sogar Unterpunkte im Detail diskutiert werden. Danach beginnt das laufende Aushandeln, mal schneidet die ein, mal der andere besser ab. Zum Beispiel: was muss ich tun, wenn ich einen Hund will, aber du überhaupt nicht. Was könnte ich tun, damit du das Häufchen vergisst? 

Selbstverständlich setzt hier jeder sein Mittel bestmöglich ein:

"Ihr fiel auf, dass er krampfhaft bemüht war, ihr ausschließlich ins Gesicht zu blicken - nicht auf das dünne Laken, mit dem sie notdürftig ihre Blöße bedeckte und das ihr immer wieder über den Busen rutschte. Spontan beschloss sie, ihm einen Streich zu spielen und ihn gleichzetig auf die Probe zu stellen (...) Also reckte sie sich vor ihm, um den Becher auf dem Nachttisch abzustellen, und leiß dabei wie zufällig das Laken heruntergleiten."

Die Natur hat das ganze Spiel übrigens schlau geplant. Während der gröberen Untstimmigkeiten zu Beginn kitten die Hormone die Sache immer und immer wieder. Später hat man hoffentlich schon dazugelernt, und schließlich ist es ja auch mal schön, sich über den Tisch ziehen zu lassen.

Jennifer Probst: Playing with Fire.

Sonntag, 14. Januar 2024

Ternär ist nicht ganz Fisch, nicht ganz Fleisch

 Ein kurzweiliges Buch, zumindest am Anfang. Und es steckt doch eine Menge Kluges drinnen (ich wollte schon schreiben: es sprüht vor Geist und Witz, aber das wäre übertrieben). Der Autor, Daniel W., war 1991 genau 20 Jahre alt, heißt, es war (vielleicht) seine beste Zeit, aus der er hier berichtet, quasi eine Hommage an eine Zeit, wo man durch die 80er so richtig schön in Fahrt war und die 90er das fortschrieben. Der Autor konnte sich aber für keinen einzelnen Fokus entscheiden, ob es jetzt eine Liebesgeschichte, ein bisschen ein Krimi, ein bisschen Gegenwartskritik, ein bisschen Schmähführen sein soll. Zum Schluß hin mussten da gefühlt ein paar Lückenfüller her, etwa die Heldentaten in der Flüchtlingsunterkunft.

Insgesamt ist so eine Story aber jedenfalls eine coole Idee.

Daniel Wisser: 012