Montag, 24. September 2018

Doch: der gute Piet

Jetzt könnte man bei disem Buch die gesellschaftliche Perspektive suchen
und herausragend finden. Es ist ja nicht ganz neu, die Erkenntnis, dass eine Generation es jeweils "neu" und auf ihre Weise machen will. Als Abgrenzung dient häuft die Elterngeneration, und wenn die noch weit weg ist, dann ist das überhaupt klar. Weit weg, da sind wir bei Amerika mit seiner Mobilität. Da hat die aktuelle Generation das Leben im Speckgürtel entdeckt, in einem Städtchen namens Tarbox direkt am Meer. Bildung und ein Wohlstand der Mittelschicht bringen die Zugezogenen zusammen, die Ehepaare, die gerade mal die ersten Punkte des Programms: Ausbildung - Partnersuche - Beruf - Haus - Kinder (teilweise) hinter sich haben. Und nun verbringen sie viel Zeit in ihrer Gruppe: Parties, Skiurlaub, Tennis, Standausflüge, Sport im Garten. Soweit so gut, und nun bringt John Updike Unruhe in diese Idylle mit dem Ehebruch. Auch nichts Neues, aber natürlich befeuert von den Möglichkeiten, die sich bieten, Pille etc., und vor allem im "Freundeskreis". Vor allem wird der Ehebruch zum Leitthema, eingebettet in die sechziger Jahre. Natürlich kommt dann schon die nächste Generation, die es wieder anders machen will: Woodstock und 1968 steht bevor.

Man könnte aber auch die Personen sehen. Auf über fünfhundert Seiten wird man mit den Charaktären so vertraut, dass es mir immer bei Büchern ein wenig schwer fällt, Abschied zu nehmen von all dem. Piet Hannemann: warum ist er so sympathisch? Bei all dem, was er anstellt? Er ist der einzige der Männer der Paare, die noch Bezug zu einer Handarbeit haben, zu körperlicher Arbeit. Mit der aprikosenfarbenen Lederjacke und einem Bleistift hinter dem Ohr, mit der Liebe zu Holz und dem Geruch von frischen Spänen kontrastiert er die Papiertiger, obwohl der kalte Ken (gab es damals schon Ken und Barby, weil der Name so geschickt gewählt wurde) größer und ansehlicher ist. Aber Piet strahlt etwas viriles aus, und an einer Stelle wird er als altmodisch, als der einzige, der kein bißchen homosexuell ist, beschrieben. Aber auch den anderen Charaktären fühlt man sich zugetan, dem schrägen Freddy Thorne, der sich die schöne Angela auf speziell verworrene Weise verdient. Alas, sie werden mir fehlen. Eigentlich wäre es garnicht nötig, im letzten Drittel so aufreibende Verläufe der Handlung (Schwangerschaft, Abtreibung, Eingeständnis, Scheidung, Trennung) heranzuziehen. Hier gäbe das Leben der Paare auch so genug her, genauso wie die Sprache und die inneren und äußeren Beschreibungen.

Dieses Buch ist nicht umsonst ein Klassiker.

John Updike: Ehepaare

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen