Donnerstag, 21. Januar 2010

Miniaturen

Miniaturen ist fortan mein Label für Gedanken, Ideen, Gehörtes, Skizzen - kurzum für was so reinkommt und worüber man viel sagen könnte, aber wann. Also kurz und schmerzlos.
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Berichtet wurde über das Wiener Heizungsmusmuseum, und die Sprache kam auf den Ofen und auf die Rolle des Ofens in russischen Erzählungen. Wäre doch ein schönes Diplomarbeitsthema: die Rolle des Ofens in der Russischen Literatur. Denn, so im Beitrag, Öfen fingen dort auch mal gerne an zu erzählen. Natürlich nicht irgend so ein neumoderner Designkobel, sondern ein alter Herr, nicht so steril, wo auch mal ein paar Brösel Asche rausfallen, oder ein Stück Glut, wo keine Glastüren russig werden, aber Email herlacht und der Schuber beim unteren Ofentürl, so offen, einen Schimmer der Glut in die sonst nur von ein, zwei Kerzen erhellte Stube wirft. Vielleicht müssen wir nur besser zuhören, hinhören, um in kalten Winternächten die langen russischen Geschichten vernehmen können.

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In der Serie zu Analyse, Feedback, Reflexion wurde ein Phänomen betrachtet, das sich heutzutage zusehens in der Generation der "Nuller" (Millenials) bemerkbar macht. Irgendwann so in den Neunzigern ist auch hierzulande der Trend angekommen, daß Kritik nicht mehr en vouge sei, man gibt höchstens noch gutgemeintes Feedback, das ganz vorsichtig, mit Samthandschuhen, nur um ja das zarte Pflänzchen einer mickrigen Motivation nicht zu zerstören. Das geht dann so: das kleine 1x1 nicht gekonnt, aber zufällig per Finger 2 und 2 erraten, schon wird derjenige mit Lob überschüttet. Dabei hätte eine ehrliche Kritik eine wichtige Funktion, nämlich vor späteren Enttäuschungen zu bewahren. Wie erzählt uns Mathew G. Sumner mit seinen Polizisten "Truth hits everybody". Und wenn man einem Menschen von Kindesbeinen an einredet, er sei ja so gut, so was besonderes, so toll, überdurchschnittlich (sic!) - und dann holt ihn die Realität ein, - dann ist das eine harte Landung. Unerträglich hart. Besser wissen, woran man ist. Andererseits: wenn so eine Generation von (vielen) Lutschern nachkommt, dann wird man auf uns Alte Menschen im Berufsleben auch nicht verzichten können. Den Nicht-Lutschern unter den Jungen wird man aber gehörig nachlaufen müssen, sie bezierzen, sie rausfiltern. Lustige Zeiten.

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Sie schlägt die Türe hinter sich zu. Nein, das müsse sie sich nicht anhören. Es reiche schon, was sonst so mit ihr gemacht werde. Das reiche zur Genüge. Jeden Tag leiden, warten auf den nächsten Tag, wieder leiden. Nichts ändere sich. Nur daß sie jetzt auch noch abseits von dem üblichen Gemurkse für dumm verkauft würde, für platt, das sei ihr neu, das verstehe sie nicht. Dabei meinte sie gerade diese Person doch unter den wenigen, die ihr gut gesonnen seien. Aber auch das Bild habe jetzt einen Sprung bekommen. Sich über sie lustig machen, billige, laute Lacher abfackeln auf ihr. Sie versucht, raschen Schrittes davoneilend, Haltung zu bewahren. Ja, eine Haltung durchhalten, das sei schon nicht mehr so einfach heute, als es noch früher war. Nichts ist, wie es scheint. Täglich irre sie sich in Menschen, und das könne ja nicht nur ihre schlechte Einschätzung, ihre kurzsichtige Menschenkenntnis sein. Zeige man ihr einen Menschen, der nicht launig sei, der nicht nur auf sich bedacht sei, der es ernst meine, der sie verstehe. Einen!

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Einer kurzen Einleitung über das Potential an zu verlierender Zeit, das in "diversen Sozialnetzwerken" lauere, meinte doch Ulla Pilz heute morgen, eines sei ihr schon bemerkenswert an einem Zeitgenossen aufgefallen. Und zwar in seinem Profil, unter der Rubrik "Religiöse Ansichten" sei zu lesen: "Johann Sebastian Bach". Überhaupt finde ich das Pasticcio (wer auch nicht weiß, was Pasticcio heißt: eigentlich: Pastete, gemeint: Werke verschiedener Herkunft) ein ganz gelungenes Format, wenn dann auch noch passend Kurt Tucholsky vorgetragen wird - einfach fein.

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Ein Zitat noch: "Wenn man nur eine Stunde am Tag träumt, dann hilft dies, glücklich zu sein." (Francesca Fabbri Fellini, Nichte von Frederico). Hat was an sich, und vor allem: so was von gegen den Zeitgeist, wo ja keine/r Zeit für irgendetwas hat. Sich da eine Stunde pro Tag rausnehmen: das ist Luxus.

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Winwood oder Clapton? Zuletzt hatte ich Gedanken geäußert darüber, ob die schönste Zeit im Leben schon vorbei sei, oder ob die schönsten Zeiten noch kommen werden (aus Sicht wenn man 99 ist). Nun, ich bin für michselbst optimistisch, meine mich dann cooler als je zuvor, den BMI bei 23 eingemauert und altersgemäß verdammt gut aussehend. Bei Youtube können Sie sich Eric Clapton und Steve Winwood ansehen, beide zu diesem Zeitpunkt um die sechzig. Aber vergleichen sie: Winwood wirkt um 10 Jahre jünger, aber nicht nur des Aussehens wegen. Er wirkt einfach gelassen, selbst zufrieden, und er strahlt förmlich. Sieht doch gut aus. (Suffice to say, daß Eric immer anbetungswürdig ist.) Also, wie werden wir uns auf der Bühne bewegen mit ... Jahren am Buckel. Unerhört lässig, mit Spaß dabei, Feuer im Herzen, jeden Moment leben.

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