Nach der Lektüre der drei Vanitas Bände von Ursula Poznanski ist mir dann noch "Cryptos" von derselben Autorin in die Hände gefallen. Der längere Teil, das Herumwandern durch die Welten, wo eigentlich wenig Neues passiert, erinnert ein bißchen an die Phasen von Carolin Bauer, Springer, König, wo sie endlos die Nachbarwohnung beschattet, am Zentralfriedhof auf und ab marschiert oder mit dem Handy von Boris durch die Gegend zieht und Dialoge führt. (Wobei: gegen die Gammelfahrt des Boots ist das immer noch kurzlebig). Normal mag ich solche Buchstellen, wo mal nichts weitergeht, aber hier bei Cryptos war das ein wenig wie im Katalog blättern, mal bei Hosen, dann bei Spielzeug, dann bei Möbeln - am Ende bleibt nichts in Erinnerung.
Was aber in Erinnerung bleibt, sind zwei Ideen, die wirklich spannend sind, und die gleich am Beginn und ganz am Ende vorgestellt werden. Das eine ist das Abtauchen in virtuelle Welten, weil diese viel besser sind, als die Realität. Gut, die Anzüge mit den Masken fehlen noch, aber die Kids von heute tauchen auch anständig ab und leben (auch) in dieser digitalen Parallelwelt. Fünf Stunden Handynutzung am Tag sind nichts besonderes, manche bringen es auf acht. Ist das vielleicht am Ende, aller Unkenrufe von erzürnten Bildungsbürgern zum Trotz, gar nicht so schlecht? In Poznanskis Zukunft ist die Realität realita nicht mehr erträglich, aber wie toll ist denn oftmals die Realität für Kids von heute?
Das andere ist der Klimawandel, die Erderwärmung und die "Minus 3 Lösung", die letztlich meint, drei der zehn Milliarden Menschen müssten weg. Per Zufallsgenerator! Wie passend! Und schmerzfrei! Weil die Ressourcen nicht ausreichen, sagen die "Alphas". Das würden auch die Westeuropäer und Nordamerikaner sagen (Alphas), und der Zufallsgenerator nimmt ja im Buch die Alphas aus, denn die brauchen wir ja, um die Welt zu lenken, zu regieren. Dabei müsste der Zufallsgenerator, wenn er nach CO2-Fussabdruck geht, sogar eher Treffer bei den Alphas landen.
Ich finde, dieses Buch ist hervorragend als Klassenlektüre für Schüler*innen geeignet, da diese beiden Themen sehr virulent und zugleich spannend sind. Außerdem betreffen beide, virutelle Welten und Klimawandel, die Kids von heute künftig sehr. Und heute über morgen nachdenken kann ja nicht schaden.