Mittwoch, 30. Dezember 2015

Das Cicero Finale

Der dritte und letzte Teil der Cicero Trilogie von Robert Harris, Dictator, bietet ein grandioses Finale. Da ich ihn unmittelbar nach dem zweiten und auch relativ zeitnah nach dem ersten gelesen habe, hatte ich noch (fast) alle Personen und Umstände parat. Es schüttelt Ciceros Leben gewaltig durch, Erfolg und Mißerfolg geben sich die Türklinke in die Hand. Wie im echten Leben! Fehleinschätzungen und unvorhersehbare Entwicklungen machen es schwierig, richtig zu handeln. Bedenkt man noch, daß sehr vieles, vor allem der große Rahmen des Buches auf Tatsachen basiert, ist es schier unglaublich, wie spannend Politik sein kann. Und wie wichtig es für die Nachwelt ist, immer einen Tiro bei sich zu haben, der alles aufschreibt.

Robert Harris: Dictator.

Sonntag, 20. Dezember 2015

Gut, besser - Harris

Geschichte ist fad, hört man immer wieder. Daß das Kleingeister sind, deren Horizont über die Fünfzoll-Diagonale ihres Smartphones (das Phone ist ja smart, der User allerdings...) nicht hinausgeht, ist unbestritten. Verpackt man, wie Robert Harris, Römische Geschichte, genauer nur einen relativ kleinen Teil davon, in Romanform, packend, spannend und nie langweilig werdend, dann ist Geschichte alles andere als fad. Der zweite Teil der Trilogie (Imperium - Titan - Dictator) knüpft an den ersten an, und obgleich man den Modus schon zu kennen glaubt, die handelnden Personen, zieht mich die Geschichte mehr noch rein, als im ersten Teil. Längst habe ich ein Lesezeichen, auf dem ich die wichtigsten Personen und deren Zusammenhänge anführe. Ich harre jetzt freilich dem dritten Teil, brenne darauf, wie die Story des Aufstieglers (homo novus) weiter geht.

Robert Harris: Titan.

Dienstag, 8. Dezember 2015

Fix keine Null

Das übliche Rezept: eine historisch Epoche, weiter oder weniger weit weg, diesmal eher nah: die Zeit nach 1945 in Italien. Dazu schräge Charaktäre, Verlierer, Träumer, die in einen Strudel hineingezogen werden aus Irrwitz, Verfolgungswahn, Spekulation, fehlgeleitete Logik, dazu die üblichen Okkultisten, Satanisten und Freimaurer. Interessant im aktuellen Werk von Umberto Eco der Zeitungshintergrund. Bei der Beschreibung der verschiedenen Kochrezepte für die Zeitung "Domani" fällt einen immer und immer die Kronenzeitung ein: Leserbriefe mit zweifelhafter Provenienz drucken, Gefühle und Empfindlichkeiten der Leser und die Tatsache, daß die Zeitung die Nachrichten macht, nicht umgekehrt. Das Buch ist daneben gespickt mit Andeutungen ohne Ende, aber da liest man, Unwissender, vielleicht oft mal drüber.

Freilich: Verglichen mit meinem Best-Ever "Pendolo" wirkt das Buch blaß und oberflächlich, auch in Bezug auf die Kraft des Absurden, der Verschwörungsphantasie, die immer mehr in die Realität projiziert wird. Andererseits darf das Gespann Eco-Kröber mit über 80 bzw. 75 respektive auch ein wenig kürzer treten, bitte das muß drinnen sein, Freimaurer hin, Okkulte her.

Umberto Eco: Nullnummer.

Freitag, 4. Dezember 2015

Kein so richtiger Waltzer

Nach so einer Vergangenheit, nach so vielen Filmen, so vielen brillianten Schauspielern und Charaktären wieder eins drauf setzen zu wollen: keine geringe Herausforderung. Im 24., aktuellen James Bond Film hat man (wieder) an Altes angeknüpft, auch an den vorhergehenden Teil. Es wurde weder mit Schauplätzen noch Action gespart, Verräter aus den eigenen Reigehen sind praktisch Standard geworden. Daß der Böse am Ende verhaftet wird, ist neu. Von Waltz hätte ich mir mehr erwartet. Insgesamt etwas langatmig, und im Kino etwas laut, hat man more of the same, gleichwohl die Marke weiter ihre Anziehung behalten wird, die Filme Besucher anlocken - wie mich.

James Bond: Spectre.

Donnerstag, 19. November 2015

Speed Kills

Anfangs war ihm das Tempo zu hoch. Von oben. Ein Leser, ein Bleistift. Er und das Buch. Wörter wie Stakkato, wie mit der Singer im Zickzackstich. Aber dann ist es spannend. Atemberaubend. Und das Tempo paßt zur Spannung. Fotograph, Jäger, Koch, Priester Clown. Alle gehen sie hops. Notfalls mit den Waffen einer Frau. Blum und Massimo. Blum der Racheengel. Blum und Aichner. Ein Schnelllesebuch jedenfalls. Eines, daß sich Lesen brennt, aber nicht unbedingt einbrennt. Dafür sind keine eindeutigen Bilder da. Auch die blutroten Seitenzahlen verbrauchen ihre Wirkung auf 444 Seiten. Dass der Aichner trotzdem erfolgreich ist, er paßt in die heutige Zeit. Schnell und hart.

(Möchte aber nicht ausschließen, wiedermal zu einem Buch von ihm zu greifen. So ein Quickie ab und an.)

Bernhard Aichner: Totenfrau.

Dienstag, 10. November 2015

Wahllose Temporärbekanntschaften

Die verworrenen Wege vierer Menschen kreuzen sich in einer vom Krieg zerstörten Villa in Norditalien. Die vier haben völlig unterschiedliche Hintergründe, Herkunft und Geschichten - mit Ausnahme des 194_ global gleichen Nenners, des Krieges - und dann verbringen sie die Tage miteinander oder einander ausweichend. Zeit spielt eine untergeordnete Rolle. Und so kommt eben eins nach dem anderen zum Vorschein, nicht linear, alles andere als klar, alles vor der Kulisse, sie sogar zerstört einen malerischen Eindruck macht. Waren Sie je in einer ähnlichen Situation - natürlich abgesehen vom Krieg, Gott sei dank. Heute würde jeder zu seinem Handy greifen und kommunizieren. Aber nicht mit einander. Keiner würde die Geschichte des anderen teilen. Keiner müßte sich anpassen. So ein Handynetzausfall. Das wäre mal was.

Michael Ondaatje: Der englische Patient. Bd.23 SZ-Bibliothek.

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Das Römische Überaschungsei

Überraschung, Schokolade was zum Spielen: diese Dreierkombi verspricht das Überaschungsei von Ferrero. Ein Buch, das neben Geschichte und politischer Bildung auch noch Spannung drauflegt, das ist Imperium von Robert Harris. Die Geschichte Marcus Tullius Ciceros lehrt viel über politisches Handeln - da hat sich bis heute nicht viel geändert. Auch das Aushebeln der Demokratie durch Militärgewalt mit der fadenscheinigen Begründung eines ach-so gefährlichen Außenfeindes hat es schon gegeben. Der Spannungsbogen mag vielleicht durch einige Kunstgriffe und kleine Abweichungen vom historischen Stand der Dinge geschmiedet worden sein, aber was wäre ein Überaschungsei ohne Schokolade.

Robert Harris: Imperium.

Montag, 14. September 2015

Die Mißgeschicke des Jägers

Ich pflege bei Büchern stets, die Augen von den Klappentexten fern zu halten, wo erklärt wird, worum es in dem Buch geht. Warum auch immer möchte ich einen Text unvoreingenommen in seiner Abfolge lesen und mir selbst ein Bild machen. Bei anspruchsvolleren (für meinen gewiß nicht übermäßig breiten Horizont) Werken kommt es vor, daß ich bis zum Ende nicht erkenne, worauf das Buch hinaus will. Und jetzt frage ich Sie: sollte ich mich darüber ärgern oder freuen? Nehmen wir die Geschichte des Jazzers Johnny Carter in Jose Cortazars Buch her. Geht es um der Verhältnis Kritiker (Bruno) zu Musiker? Oder ist die Musik zentral? Oder der Widerspruch zwischen Erfolg und gleichzeitigem Verfall? Letzteres exemplarisch für eine ganze Generation Künslter, die da folgte. Oder stellt es den Versuch dar, einen Jazzmusiker aus einer anderen Perspektive zu zeichnen, mehr die Tiefen als Höhen in den Fokus rückend? Am Ende, glaube ich, soll es einfach ein Stimmungsbild sein, die Atmosphäre eingefangen, die scheinbar nicht greifbar ist. Dann allerdings ist dieser Roman nicht zu unrecht in der SZ Bibliothek.

Jose Cortazar: Der Verfolger.
SZ-Bibliothek Band 21

Freitag, 11. September 2015

Am Ende der Welt und noch siebenhundert Meter weiter

Werte Kaiser Vea, entweder verfügen sie, was ich eher nicht glaube, über eine unerhörte Vorstellungskraft, oder sie kommen selbst aus einem Kaff am Ende der Welt, und waren selbst diejenige, die wie Johannes A. Irrwein, mit den Verhältnissen dort nicht zurande kam. Dabei sind Sie noch jung, und die geistige Enge des Dorfes war zu Ihrer Zeit schon sicher durch Internet und so Zeug porös. Aber in den verschiedenen Generationen im Dorf haben Sie richtig abgelesen, daß sich in den letzten Paarhunderjahren an den Prinzipien nicht viel geändert hat. Ich glaube ja, in Awstria gibt es dergleichen Dörfer mehr, als man annehmen sollte, und wie anders möglich komme freilich ich auch aus einem. Erwschwerend: wir wohnten nicht einmal im Dorfverbund selbst, sondern auch noch abgelegen. Und wie den Irrwein hat mich zu einer gewissen Zeit ein Sog erwischt, der mich das Dorfleben mit der Teilnahme daran auch als "aufregend" empfinden ließ. Und hier endet das Buch. Bei mir wurde aber die Aufregung nach wenigen Saisonen brüchig, und die alte Skepsis war zurück. Oder sagen wir statt Skepsis besser, mir fehlt einfach die Verve für das saisonal oszillierende, abgeschlossene Dorfleben. Wie wäre es wohl dem Irrwein ergangen nach dem FC St.Pauli Match und dem High Life. Katerstimmung? Denn die Bergbarbaren haben sich freilich geöffnet - einmalig und zwischendurch - aber kann man da gleich von der Aussöhnung zwischen ihnen und den Zivilisierten sprechen?

Abseits unlustiger Überlegungen meinerseits haben Sie ein sehr kurzweiliges Buch abgeliefert, das mir - der ich nicht wenig ablehnend gegen geschriebenen Dialekt eingestellt bin - gut getaugt hat.

Vea Kaiser: Blasmusikpop

Sonntag, 23. August 2015

Der korrekte ORF2 Sommer-Unterhaltungskrimi in Buchform

Wenn man alles richtig macht, und das gleich beim ersten Anlauf, ist es schon toll. Aber zu richtig ist dann anscheinend auch wieder falsch. In unserer Bücherei steht ein netter Stapel Georg-Haderer-Krimis, da nimmt man den (zeitlich) ersten zur Hand. Liest sich gut, ist einigermaßen Spannend mit allen Elementen, die man sich erwartet, ein bißchen Überrachungseffekt, ein Polizist, der nicht ganz rund läuft, Lokalkolorit. Am Ende angelangt, war mein erster Gedanke: aha, ein ORF2 Sommerkrimi von Donnerstagabend zwanziguhrfünfzehn. Mit den üblichen Schauspielergesichtern, Panorama von Kitzbühel - völlig unaufgeregt und entspannend. Das ist sicher gut so, mich lockt es aber nicht aus der Reserve bzw. zum Buchregal um den zweiten Teil. Ich vermisse Wagemut und Spontanität, oder vielleicht sprachlich mehr Risikobereitschaft. Andererseits: bei Level 1 will man durchkommen, auch wenn es nur mittelmäßig ist. Durchgekommen ist er, der Haderer - siehe Bücherei.

Georg Haderer: Schäfers Qualen.

Freitag, 31. Juli 2015

Sex Soap, 2. Staffel

Der zweite Teil ist immer eine Herausforderung. Denn wenn er schwach ist, bleibt der dritte auf der Strecke. Das Kochrezept lernt man im ersten Teil kennen, und das Kennenlernen ist ein schöner, spannender, unterhaltsamer Vorgang. Aber dann kennt man ihn, den Kreislauf (Beginn auf beliebiger Stufe möglich): Gut gelaunte Situation - Sex - Reich sein macht Spaß Sequenz (z.B. Segelboot, Fliegen) - Streit - Harter Sex - EMail Konversation - Dritte Personen - Streit - Versöhnungssex - usw.

Als sich durchziehendes Element geht die Enthüllung voran bzw. die Möglichkeiten beider Protagonisten erhöhen sich: Sie darf mehr berühren, er darf mehr von seinem Spielzeug verwenden. Falls es all zu fad zu werden droht, schieben wir mal einen Heiratsantrag, einen Unfall oder eine/n Verrückte/n ein.

Irgendwie verkommt Shades of Grey im zweiten Teil für mich zu einer Sex Soap. Etwas gekünstelt und konstruiert, und - leider - verlieren auch die Sexszenen an Wirkung, werden sie aber wirklich inflationär. Der dritte Teil (die dritte Staffel)? Vorhersehbar. Da muß mir schon sehr fad sein.

E L James: Fifty Shades of Grey. (2) Gefährliche Liebe.

Samstag, 11. Juli 2015

Angst und Bang im Zombieland

Als wir aufgewacht waren, schien es zu spät zu sein. Menschliche Zombies waren überall. War es der Zeitgeist, im durchaus negativem Sinn, der aus Kindern Tyrannen werden ließ, die dann als junge Erwachsene als soziale Zombies herumstapften? Nur weil es alle machten, war es lange noch nicht richtig. Aber sogar die Institutionen, Schule, Kindergarten hatten aufgegeben und waren selbst die die Projektion geraten. Diese solcherart ihrer Kindheit beraubten Wohlstandsopfer waren nicht in der Lage, sich in einer Hierarchie einzufinden. (Das waren aber noch die besten, die "partnerschaftlich" mit ihren Eltern aufgewachsen waren). Die nächst Schlimmeren (die der Projektion ihrer Eltern auf sich selbst unterlagen) waren nicht mehr in der Lage zu akzeptieren, wenn irgendetwas nicht sofort nach ihren Vorstellungen funkionierte. Die Schlimmsten waren die Symbiosen, die ohne ihre Eltern zu explodieren drohten wie Creaper in Minecraft. Irgendwann, als sie bereits erwachsen waren, gingen deren Eltern in die Klapsmühle. Und die Kinder mit (was sonst). Aber es waren so viele! Die Klapsmühlen quollen über und über. Und weil es immer weniger Kinder gab, die man wieder als solche behandelte in staatlichen Anstalten (denn deren Eltern waren, je nach Typ 1 2 3 mehr oder ganz unfähig dazu) aufzog, kippte die Gesellschaft in eine düstere Zombiewelt. Man ärgerte sich noch, nicht mehr Flüchtlinge aufgenommen zu haben, die man jetzt dringend für die Zombiehaltung in großen Farmen gebraucht hätte (klarerweise sind die Verhaltensweisen nur im Wohlstandsland zu finden). Aber irgendwann würde sich das alles von selbst lösen, wenn es neue Generationen gibt.

Vielleicht sollte man schon jetzt aufwachen, innehalten und nachdenken, was abgeht. Oder nachlesen.

Michael Winterhoff: Warum unsere Kinder Tyrannen werden. Oder: Die Abschaffung der Kinderheit.

Samstag, 27. Juni 2015

Vorsicht bei der Zuchtwahl

Wir lernen bei Herrn Hengstschläger in "Die Macht der Gene" auf vergnügliche Art und mit manchem Augenzwinkern die Bedeutung der Gene kennen. Mir hat das Bild mit den zwei Fischteichen gefallen, aus denen ein neuer Mensch seine Gene bezieht, entweder von Vater oder Mutter setzt sich eine Variante durch. (Hinzu kommen noch zufällige Mutationen, die lassen wir hier mal außen vor.) Wie die Zusammenstellung der Fische erfolgt, darauf hat man freilich keinerlei Einfluß.
Wir können uns nicht im Detail über die Kriterien auslassen, nach denen man heutzutage seinen Partner, seiner Partnerin auswählt. Vor allem: zu Beginn denkt man (zumindest bewußt) nicht an Gene. Neben dem "attraktiv" und "sympathisch finden" gibt es noch Kriterien wie Geld, Status, Intelligenz, Mitgliedschaft in einem bestimmten Verein, ein bestimmter Wohnort und natürlich den Zufall. Aber was heißt das schon? Man macht, außer man ist sehr unvorsichtig (oder haltlos gamsig) doch nicht gleich ein Kind! Jedoch: Kommt Zeit kommt Kinderwunsch.  Und dann wird´s interessant mit den Genen. Nehmen wir an, man ist unbescheiden wie die meisten heutzutage, und man findet an sich bzw. in seiner Verwandtschaft positive Eigenschaften, die man dem Kind gerne vermachen möchte. Die Eigenschaften des Partners bzw. dessen Verwandtschaft gefallen uns da schon viel, viel weniger. Jetzt kommt der Fischteich. Das Risiko, daß das Kind kein eigener Klon wird und mehr oder weniger explizit die Eigenschaften der Sippschaft der Partnerin hat, ist hoch. Gerade wenn dann auch noch ein, höchstens zwei Kinder die vorgegebene Norm sind, kann das voll daneben gehen (bei mehr steigen die Chancen durch Erhöhung der Varianten). Und weil man bei der Auswahl des Partners auf Eigenschaften geachtet hat, die erst erworben wurden (Umwelt), etwa der Wohnort oder die Mitgliedschaft im Verein XY, bekommt man genetisch die Rechnung serviert. Übrigens: auch ein junges Haserl, das dämlich ist und einen dämlichen Blick hat, aber durch seine Jugend einen momentan vergleichsweise höheren Anwert (vgl. Anwerttheorie) hat, kann genetisch trotzdem lau sein. Deshalb: Obacht bei der Zuchtwahl!

Markus Hengstschläger: Die Macht der Gene.

Freitag, 5. Juni 2015

Frau Seidenmann und ihr Polen

Einer könnte gewiß sagen, die Süddeutsche Bibliothek hat schon nicht wenige Bücher in sich, die den Zweiten Weltkrieg betreffen. Aber das eine: dieses Ereignis war auch zentral und prägend für das zwanzigste Jahrhundert. Und das andere: es gibt mannigfaltige Perspektiven und Verarbeitungsmöglichkeiten, von denen da Gebrauch gemacht wurde. In "Die schöne Frau Seidenmann" wird eines der meist gelittenen Länder ins Blickfeld gerückt, Polen. Aber der Ton ist nicht anklagend. Es sind Schicksale dieser Zeit, Menschen die handeln, wie sie meinen handeln zu müssen. Zwei Aspekte, die mir noch aufgefallen sind: die Breite der Charaktäre geht von Frau Seidenmann aus, nimmt aber letztlich auch Stuckler mit, den Leiter der Deutschen Polizei in Warschau. Und zum zweiten der Blick über den Tellerrand, wie geht die Geschichte weiter, was ist aus ihnen geworden? Sogar die Palästinenserfrage wird gestreift, die "ewige Nachahmung". Polen, Warschau, das Ghetto, der Glaube, die Besatzung, die Ernüchterung danach: ein Polnisches Panoptikum.

Andrzej Szczypiorski: Die schöne Frau Seidenmann. 
SZ-Bibliothek Band 41.

Donnerstag, 21. Mai 2015

Ende bekannt, trotzdem spannend

Da ist auf der einen Seite diese Stadt: vom Geld regiert, korrupt, gierig, vergnügungssüchtig, dekandent - kurzum ein Paradebeispiel für einen Ort, den eine höhere Instanz (Götter, Gerechtigkeit) demnächst grob hinweg fegen wird. Und dann ist da der Vulkan, der letztlich das seine dazu beiträgt. Aber an einer Stelle sagt Plinius, die Natur sei gleichgültig, ob jemand sich mehr in Bescheidenheit geübt hätte und die Auslöschung weniger verdient. Und diese Stelle macht diesem dankbaren Sujet der verkommenen Stadt (Land, Gesellschaft, Kultur) und der gerechten Strafe einen Strich durch die Rechnung. Freilich hat man stets ein Orakel gefunden oder eine Gottheit (bzw. Sünden) herangezogen für Katastrophen. Aber das könnte auch als Erklärungsmodell abgetan werden.

Und damit können wir den Untergang vom Pompeji auch nicht auf die heutige Finanzkrise (oder eine andere Krise, suchen Sie sich eine aus) umlegen. Ja, die westlichen Gesellschaften sind dekadent ohne Gleichen: werfen Sie nur einen Blick auf das Haustiergeschäft, oder die Jugend, die nicht mehr weiß, was sie sich noch wünschen soll und künstliche Bedürfnisse braucht. Und Vorzeichen, daß es bald kracht? Die gab es in Pompeji. Nur keiner war sie zu deuten in der Lage, oder gewillt. Neben dem "echten" Helden Plinius hat Richard Harris auch noch Atilius die Rolle des Wasserbaumeisters verpaßt, der im Ansatz die Zeichen erkennt. Ein bißchen Hollywood-Katastrophenschinken-mäßig hört natürlich keiner auf ihn, bis es zu spät ist. Aber er rettet die Geliebte aus den Fängen des Bösen, der abgefackelt wird.

Falls das abgebraucht klingt: weit gefehlt. Alleine die äußerst interessante Perspektive aus Sicht des Wasserbaumeisters auf die Stadt und ihren Untergang ist die Lektüre wert. Spannend ist sie obendrein.

Richard Harris: Pompeji.

Sonntag, 17. Mai 2015

Die verkehrte Würfelwelt

"Irgendetwas stimmt nicht, aber ich weiß nicht, was." Bei diesem Buch stimmt die Reihenfolge der Erscheindung nicht mehr. Wie war es früher: da wurde eine Geschichte erfunden, ein Buch. Dann, wenn es gut lief, konnte daraus ein Film werden. Und im Zuge der Vermarktung gab es Spielzeug und ein Computerspiel. Meistens nahm das investierte Herzblut in dieser Kette zugunsten der Kohle ab. Aber heute! Da erfindet jemand in Stockholm ein Computerspiel, das sich rasend verbreitet und mit seiner Würfelidee viel Möglichkeit für Kreativität der Spieler eröffnet. Und Jahre später schreibt ein Deutscher eine Romanreihe dazu.

Also ohne die (Grund)Kenntnis des Spiels macht der Roman nicht viel Sinn. Im Prinzip wird - wie schon bei Tron - ein Mensch in ein Computerspiel integriert, und es gibt einen Wechsel zwischen realer und Computerspielwelt. Insgesamt wirkt das Ganze etwas langamtig: ständig die Ausweglosigkeit, die aber überwunden wird. Immerhin lernt man abgesehen von den üblichen Verdächtigen wie Creepern, Zombies, Riesenspinnen oder Skeletten auch noch viele andere Minecraftübeltäter kennen. Und ich habe den Eindruck, daß es den Kids gut gefallen wird.Unnnggghh!

Karl Olsberg: Würfelwelt.

Drei Tage Wulzendorf non stop

Es ist wie beim Kochen. Da verwendet einer die richtigen Zutaten und es schaut gut aus, aber irgendwie bleibt dann beim Essen der Appetit aus, etwas paßt nicht, ohne daß man sagen könnte, was das wäre. So ergangen ist es mir bei "Volksfest". Vorweg: die Grundidee, als Hintergrund für die Handlung ein Dreitagesfest in der Pampa irgendwo in Niederösterreich heranzuziehen, taugt mir voll. Sprachlich kommt das Buch, sagen wir "elaboriert" daher. Und guter Wortwitz fehlt nicht. Auch das Tempo der Handlung paßt, und in nicht wenigen Schmähs findet man sich rasch wieder - oder ertappt. Warum ich es nur gut finde und nicht begeistert bin? Vielleicht kann ich die teils sperrigen Sätze nicht rasch genug entziffern, um ein Lesetempo zu erreichen, das für eine "Krimikomödie" paßt. Oder kommt der Schmäh zu dicht und teils oberflächlich daher? Oder ist die Lektüre von diversen Wolf Haas Werken Schuld. Ein wenig erinnert mich das Gefühl beim Lesen an die Trilogie von Lutz Sommerfeld. Aber falls sich der ORF zu einer Verfilmung hinreißt, die nicht so nett und lieb daherkommt wie die Raab´s Metzkerkrimis, sondern bildgewaltig, dann könnte das ziemlich stark werden.

Rainer Nikowitz: Volksfest.

Augenzwinkern für die Beziehungskiste

Die große Klammer, die sich durch das Pease Buch mit den Lügen und den Schuhen zieht, ist Mann und Frau, und wie gehabt keine Bescheidenheit der Autoren. Von einem "phänomenalen Bestseller" am Umschlagtext zu sprechen setzt sich fort im Inhalt insofern, daß die Autoren niemals eine Antwort schuldig bleiben. Für alles gibt es eine Erklärung! Dabei müssen oft die urzeitlichen Lebensumstände herhalten, eigentlich fast immer. Denn sogar die Unterschiede im Gehirn zwischen Mann und Frau kommen daher, daß Männer jagten und Frauen hegten. All das ist verpackt in Ratgeber (lügen sie einer Frau nie ins Gesicht, sie könnte sie an der Mimik und den Gesten durchschauen, telefonieren oder noch besser eMail verwenden!) oder durchaus ernst gemeinte Lösungsvorschläge. Daß man eine nicht allzu ernste Lesart wählen sollte und nicht alles für bar einsetzbare Münze hernehmen, das deuten die Autoren schon damit an, daß sie immer wieder mit teils witzigen Sprüchen für Auflockerung sorgen. Dann kann es schon amüsant werden, zu erfahren, warum Frauen so viel reden und Männer gerne Sport schauen. (Ausnahmen soll es jeweils geben!)

Allan et Barbara Pease: Warum Männer lügen und Frauen immer Schuhe kaufen.

Sonntag, 3. Mai 2015

Das Tom-Clancy Finale: brilliant

Es muß etwa 1990 oder 1991 gewesen sein, als ich Jagd auf Roter Oktober gelesen habe. Das ist mir insofern in Erinnerung geblieben, als es das erste Buch war, das mich so gefesselt hat, daß ich es kaum erwarten konnte weiterzulesen, wenn der eine Tag um war und ich am nächsten arbeiten mußte. Das hat es seither immer wieder mal gegeben. Und auch beim letzten Werk von Tom Clancy war es nicht anders. Wenn am Klappentext steht: "Der neue große Tom Clancy mit Starbesetzung", so würde man zuerst befremdet denken: Starbesetzung in einem Buch? Bücher brauchen doch keine Hollywood Stars. Aber hier sind die Charaktäre gemeint, die Clancy schon seit gut zwei Jahrzehnten pflegt, und die mittlerweile tatsächlich so etwas wie "Stars" sind. Das stärkste an diesem Buch ist aber sein Bezug zur tatsächlichen Ukraine-Krise. Man kann kaum glauben und schaut zwei mal nach, daß Clancy das Buch just vor den Maidanunruhen und der folgenden russischen Operationen in der Ukraine veröffentlicht hat. Fast schon gespenstisch, glaubt man stellenweise eher aktuelle Nachrichten zu lesen als einen Roman. Fesselnd allemal!

Tom Clancy: Command Authority. Kampf um die Krim.

Montag, 27. April 2015

Empirie ist der Lust Tod

Es ist eben diese typisch amerikanische Art von Sozialwissenschaft: schwerst empirielastig. Da muß man ja sagen: ein gänzlich unwissenschaftliches Buch oder eine seriöse Arbeit - ja, aber das Ding dazwischen, nicht Fisch nicht Fleisch. Daß es laut dem Coveraufdruck ein Weltbestseller sein soll, wird am Thema liegen. Sex sells. Und zugegeben, ein bißchen Unterhaltungswert hatte das Buch durchaus. Aber dann diese vielen Ratschläge, die klingen, als wären sie ernst gemeint. Und die total einseitige Basiserklärung, die das Fundament und den Roten Faden durch das Buch bildet: bei Frauen zählt das Aussehen. Bei Männern das Einkommen. (Frei zu erweitern um etliche Begriffe derselben semantischen Felder). Ob es in Amerika wirklich schon so arg ist? Anzunehmen, wenn man etwa von den Dating-Regeln ausgeht. Fünf Dates = Sex ODER ex(it).
Weil dieser Erklärungsansatz greift mir doch etwas zu kurz. Unzählige Beziehungen sind damit nämlich nicht zu erklären. Was hilft ein Haserl, das aber dämlich ist ohne Ende. Warum lassen sich Frauen auf Schläger ein? Der Samaritereffekt?
Ein insgesamt interessantes Thema, aber so einfach ist das nicht. Weder das Thema selbst, noch es zu beschreiben. Statt der endlosen Wiederholungen und Checklisten hätte ich mir gewünscht, daß die Autoren mehr qualitativ vorgegangen wären und eine kleinere Zahl konkreter Fallbeispiele detailliert durchleuchtet hätte, womit man dann die Studien mit ihren hohen Sample-Zahlen konterkarrieren (allenfalls bestätigen) hätte können.

Allen et Barbara Pease: Warum Männer immer Sex wollen und Frauen von der Liebe träumen.

Samstag, 11. April 2015

Geschichte relativiert

Wenn sie einem in der Schule versuchen, Geschichte einzutrichtern, so hat das stets den Anschein, als sei all das wahr. Nicht nur die sogenannten "Fakten", auch logisch-schlüssige Erklärungen und Abfolgen werden mitgeliefert. Dann kommt der Test und man vergißt es auch rasch wieder. Dabei: mindestens genau so spannend wie die Geschichte selbst, ist die Frage, woher kommt das. Denn Geschichte ist nur EINE Geschichte, EINE Sichtweise, EIN Konstrukt. Was dem einen ein Freiheitskämpfer, ist für die anderen ein Terrorist. Befreiung oder Besatzung? Und da wird es auch schon politisch. Denn das Gros der Bevölkerung hat seinen Geschichtsbegriff aus der Schule. Die dort vertretene Lehre und besonders die Schulbücher geben eine Sichtweise ab, die von Politikern als "richtig" angesehen wird. Wie "richtig" aber Geschichte sein kann, hat Umberto Eco in "Der Friedhof von Prag" schön skizziert. Er hat dabei praktisch ausschließlich auf real existenten Personen die Geschichte der Protokolle der Weisen von Zion konstruiert auf Basis von Schwindel, Fälschung, Abschreiben und Erfindung. Und wenn ein solcherart gefälschter Bericht auch noch so an den Haaren herbeigezogen ist, wenn er jemanden nützt und dazu einen hohen Preis hat, wird er geglaubt. Daneben macht der Roman von Eco auch noch Freude, da er in eine der (für mich) spannensten Epochen fällt, nämlich das ausgehende neunzehnte Jahrhundert, das Umbrüche brachte, die gewiß noch radikaler waren, als was uns heute Computer und Internet bescheren. Zudem fragt man sich immer, wie Eco solch aberwitzige, historische Charaktäre so lebhaft in Szene setzen kann.

Umberto Eco: Der Friedhof von Prag.

Sonntag, 1. März 2015

Loser Leitfaden Chemie

Wieder ein Autor aus Italien, wieder eine fein durchdachte Struktur für ein Buch: die Chemie, die Elemente. Jedes Kapitel ein Element. Dahinter verbirgt sich die - oder ein Teil der - Lebensgeschichte des Autors. Anfangs dachte ich sogar, jedes Kapitel hätte eine Person und die damit verbundene Geschichte, vielleicht sogar, daß die Person irgendwie der Eigenschaften des Elements enspricht, wie Argon das Träge, und überhaupt Edelgase.

Leider hat sich die Idee doch in den ersten Kapiteln verbraucht und es erscheint mir eher wie die lose Aneinanderreihung von Episoden. Der übergeordnete Bogen mag die Chemie sein, aber etwas mehr Doppelbödigkeit wäre fein gewesen. Gleichwohl man sagen muß, daß Levi´s Leben ja mehr als genug hergibt. Aber ich bin kein Fan von Biographien, selbst wenn sie so fein gemacht sind wie diese.

Aber da ich gerne lerne, fand ich den chemischen Vortrag dann doch am tollsten. Und vielleicht sollte ich mal ein anderes Werk von Levi zur Hand nehmen, indem die Chemie sich mehr verbirgt.

Primo Levi: Das periodische System. Bd.48 SZ-Bibliothek

Donnerstag, 12. Februar 2015

Da kann man ins Schwärmen geraten

Weltuntergangsszenario. Filmisch aufgearbeitet kommen mir stets die Roland Emmerich Filme in den Sinn. Inhaltlich schwach, dennoch bildgewaltig. In Buchform kann das auch anders abgehen. Freilich: Personen mit unterschiedlichen Vorgeschichten, die im Laufe der Katatrophe zusammentreffen und da durch müssen, das ist eine Kernzutat für die entsprechenden Filme. Actionszenen und Spezialeffekte lassen sich im Buch zwar nicht einfach, dennoch viel einfacher als im Film umsetzen. Die Stärke des Buches kommt zum tragen einerseits im ausreichenden Platz, die Gedanken der Personen zu formulieren. Denn die Stimme aus dem Off im Film mag interessant sein, aber zuviel ist dann doch bald. Und zweitens, im Buch wird sorgfältig und aufwendig recherchierte, wissenschaftliche und technische Detailinformation nicht verdichtet auf ein paar Sätze und Bilder, sondern es ist ausreichend Platz für Erklärungen, Szenarien, Irrwege und Wissen. Damit eintausend Seiten geradeaus zu füllen, scheint denkbar, gleichwohl muß der Aufwand gewaltig sein. Frank Schätzing hat sich das angetan und mit "Der Schwarm" eine ausgezeichnete Mischung aus Belehrung und Handlung, aus Sachbuch, Thriller und Action abgeliefert. Gerade daß der Sachbuchcharakter durch profane Action "Super Stallion stürzt in Insel der USS Independence" unterbrochen wird, hält einen in Atem. Und irgendwie klingt alles logisch und nachvollziehbar, und man glaubt schon fast, einer der Wissenschafter an Bord zu sein. Ich meine: als Binnenlandler denkt man über das Meer gerade mal: Okay, hier kann ich stehen, dort nicht mehr, und irgendwo ist es 11.000 Meter tief. Daß allerdings sehr viel dazwischen liegt und der Meeresgrund alles andere als eine "g'mahte Wiesn" ist, lernt man hier auf spannende Art und Weise. Auch der Diskurs über die Evolution und den Menschen als Krone der Schöpfung, weil er komplex aufgebaut ist, und die Frage, wie erfolgreich diese Form wirklich ist - sehr lesenswert. Daß dabei die eine oder andere Stunde Schlaf abzwackt wird, ist mehr als verständlich.

Frank Schätzing: Der Schwarm.

Dienstag, 27. Januar 2015

Zero ist erst der Anfang

Dieses Buch sei etwas für mich, hat es in der Bücherei geheißen. Schnell hat man den Geruch eines IT-Menschen an sich, wenn man nur das kleine Einmaleins beherrscht. Nicht daß sie jetzt anfangen mit: unter den Blinden... Auch die Heldin des Buches, Cyn, ist schon über vierzig und mit IT nur solala drauf. Schon gar nicht kennt sie Freemee und deren Actapps, etwas, das ihre Tochter und deren Freunde längst kennen und nutzen.

Mit einer Mischung aus Technologie, Soziologie und Psychologie verspricht dieses Buch eine Utopie, in der wir aber schon fast angekommen sind. Die vermeintliche Selbstkontrolle über seine Daten und hilfreiche Ratgeber entpuppen sich als Manipulationsinstrument von nie dagewesener Effizienz. Dazwischen funkt noch die Zero-Gruppe, ein gut getarnter Hackerverein.

Bei jedem Buch braucht es eine Zeit, bis ich in den Rhythmus reinfinde, und dann bin ich meist recht froh, wenn es nicht zu dünn ist. Bei "Zero" hat mich der rasante Wechsel der Einstellungen zu Beginn irritiert. Aber schau genau! Stimmig mit dem Thema, der modernen, IT-durchtränkten ultraschnellen Gesellschaft, die dominiert von Informationshäppchen und Aufmerksamkeitsökonomie ist.

Selbst findet man sich in Cyn wieder. Nicht bloß der Alterskohorte wegen. Man ist in den 1970er und 1980er Jahren mit analoger Technik aufgewachsen und hängt den neuesten Trends meist nach. Und wenn, dann hinterfragt man viel zu viel. Aber eines ist Cyn auch: lernfähig. In der Nicht-Selbstverständlichkeit des Internet und der Computer bzw. mobilen Geräte liegt das cui bono. As there is no such thing as a free lunch, wo ist der Haken? Fragen Sie heute einen 14-jährigen, ob es normal ist, daß Whatsapp, Fakebook etc. nichts kosten. Natürlich.Wie kommt es dann, daß ein Unternehmen, das seine Dienstleistungen verschenkt, an der Börse um Milliarden gehandelt wird? Aber man muß ja nicht mitmachen. Muß man nicht? ManRank: kein Rating ist schlechter als keines. Bald schon wird man verdächtig, wenn man kein Fakebook Profil hat.

Aber vielleicht kommt am Ende alles anders, und ein "Zero" rettet uns in letzter Sekunde? Bleiben wir gespannt (und etwas umsichtiger als der breite Durchschnitt).



Marc Alsberg: Zero


Samstag, 24. Januar 2015

Der Frauentränenumfaller lebt vom Schmäh

Das Gute an Wolf Haas´ Werken, und das speziell an der Brenner-Reihe: der wunderbare Erzählfluß mit seinen textuellen Eigenheiten, die man vermutlich nur lernen kann, wenn man als junger Mensch Zeit in Wirtshäusern verbracht hat, wo die Alten "dischkutiert" haben. Weil interessant. So was setzt sich fest, und dann vergißt man es. Und auf einmal ist es wieder mir nichts dir nichts da. Und dann natürlich der kleine Schmäh am laufenden Band, ja was glaubst du.

Die Story insgesamt gibt jetzt nicht so viel her. Etwas vermengt, russische Frauen, die Herta, Wiener Unterwelt. Dazu Auslandseinsätze in Rußland und der Mongolei. Ein offener Schluß dazu. Jetzt nicht so richtig durchgängig wie etwa bei "Wie die Tiere". Aber paß auf was ich Dir sage. Wer solcherart Wuchteln drücken kann, mit einer Schmählebenserfahrung, wie der Haas, dem hört man stundenlang gerne zu, wenn er nur einen Bierdeckel anschaut und erzählt, egal, ob er jetzt ein Frauentränenumfaller ist.

Wolf Haas: Brennerova.

Donnerstag, 8. Januar 2015

Ente á la Friesenhahn

Also bin ich wieder hin um den ersten Roman vom Friesenhahn, "Canard Saigon". Mit dem zweiten in mir, ging ich schon mit einer gewissen Erwartungshaltung zu Werke. Wieder dieser Ermittler (Major bitte, nicht Kommissar), der mit wenig eigenen Problemen auskommt und trotzdem eine spannende Ermittlungsrally hinlegt. Die viele beschriebene Polizeiarbeit, die vielen Sitzungen, die vielen Sackgassen. Das kommt sehr realistisch daher, wie mir scheint. Und garnicht langweilig. Das allererste Kapitel mit Karl Wagner, das dann über 200 Seiten lang alleine dasteht, bis es seinen Anknüpfungspunkt in Charles Wegner erfährt: so gefällt mir das. Ein paar haarsträubende Greueltaten braucht es anscheinend heutzutage, gleichwohl die umfassende Recherchearbeit und minutiöse Erzählweise auch das sauber ein- und ausleiten. Nicht oft lese ich 500 Seiten Bücher in so kurzer Zeit, teils bis in die Nacht hinein. Nächster Friesenhahn? Fix.

Harald Friesenhahn: Canard Saigon.