Dienstag, 27. Januar 2015

Zero ist erst der Anfang

Dieses Buch sei etwas für mich, hat es in der Bücherei geheißen. Schnell hat man den Geruch eines IT-Menschen an sich, wenn man nur das kleine Einmaleins beherrscht. Nicht daß sie jetzt anfangen mit: unter den Blinden... Auch die Heldin des Buches, Cyn, ist schon über vierzig und mit IT nur solala drauf. Schon gar nicht kennt sie Freemee und deren Actapps, etwas, das ihre Tochter und deren Freunde längst kennen und nutzen.

Mit einer Mischung aus Technologie, Soziologie und Psychologie verspricht dieses Buch eine Utopie, in der wir aber schon fast angekommen sind. Die vermeintliche Selbstkontrolle über seine Daten und hilfreiche Ratgeber entpuppen sich als Manipulationsinstrument von nie dagewesener Effizienz. Dazwischen funkt noch die Zero-Gruppe, ein gut getarnter Hackerverein.

Bei jedem Buch braucht es eine Zeit, bis ich in den Rhythmus reinfinde, und dann bin ich meist recht froh, wenn es nicht zu dünn ist. Bei "Zero" hat mich der rasante Wechsel der Einstellungen zu Beginn irritiert. Aber schau genau! Stimmig mit dem Thema, der modernen, IT-durchtränkten ultraschnellen Gesellschaft, die dominiert von Informationshäppchen und Aufmerksamkeitsökonomie ist.

Selbst findet man sich in Cyn wieder. Nicht bloß der Alterskohorte wegen. Man ist in den 1970er und 1980er Jahren mit analoger Technik aufgewachsen und hängt den neuesten Trends meist nach. Und wenn, dann hinterfragt man viel zu viel. Aber eines ist Cyn auch: lernfähig. In der Nicht-Selbstverständlichkeit des Internet und der Computer bzw. mobilen Geräte liegt das cui bono. As there is no such thing as a free lunch, wo ist der Haken? Fragen Sie heute einen 14-jährigen, ob es normal ist, daß Whatsapp, Fakebook etc. nichts kosten. Natürlich.Wie kommt es dann, daß ein Unternehmen, das seine Dienstleistungen verschenkt, an der Börse um Milliarden gehandelt wird? Aber man muß ja nicht mitmachen. Muß man nicht? ManRank: kein Rating ist schlechter als keines. Bald schon wird man verdächtig, wenn man kein Fakebook Profil hat.

Aber vielleicht kommt am Ende alles anders, und ein "Zero" rettet uns in letzter Sekunde? Bleiben wir gespannt (und etwas umsichtiger als der breite Durchschnitt).



Marc Alsberg: Zero


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