Donnerstag, 21. Mai 2015

Ende bekannt, trotzdem spannend

Da ist auf der einen Seite diese Stadt: vom Geld regiert, korrupt, gierig, vergnügungssüchtig, dekandent - kurzum ein Paradebeispiel für einen Ort, den eine höhere Instanz (Götter, Gerechtigkeit) demnächst grob hinweg fegen wird. Und dann ist da der Vulkan, der letztlich das seine dazu beiträgt. Aber an einer Stelle sagt Plinius, die Natur sei gleichgültig, ob jemand sich mehr in Bescheidenheit geübt hätte und die Auslöschung weniger verdient. Und diese Stelle macht diesem dankbaren Sujet der verkommenen Stadt (Land, Gesellschaft, Kultur) und der gerechten Strafe einen Strich durch die Rechnung. Freilich hat man stets ein Orakel gefunden oder eine Gottheit (bzw. Sünden) herangezogen für Katastrophen. Aber das könnte auch als Erklärungsmodell abgetan werden.

Und damit können wir den Untergang vom Pompeji auch nicht auf die heutige Finanzkrise (oder eine andere Krise, suchen Sie sich eine aus) umlegen. Ja, die westlichen Gesellschaften sind dekadent ohne Gleichen: werfen Sie nur einen Blick auf das Haustiergeschäft, oder die Jugend, die nicht mehr weiß, was sie sich noch wünschen soll und künstliche Bedürfnisse braucht. Und Vorzeichen, daß es bald kracht? Die gab es in Pompeji. Nur keiner war sie zu deuten in der Lage, oder gewillt. Neben dem "echten" Helden Plinius hat Richard Harris auch noch Atilius die Rolle des Wasserbaumeisters verpaßt, der im Ansatz die Zeichen erkennt. Ein bißchen Hollywood-Katastrophenschinken-mäßig hört natürlich keiner auf ihn, bis es zu spät ist. Aber er rettet die Geliebte aus den Fängen des Bösen, der abgefackelt wird.

Falls das abgebraucht klingt: weit gefehlt. Alleine die äußerst interessante Perspektive aus Sicht des Wasserbaumeisters auf die Stadt und ihren Untergang ist die Lektüre wert. Spannend ist sie obendrein.

Richard Harris: Pompeji.

Sonntag, 17. Mai 2015

Die verkehrte Würfelwelt

"Irgendetwas stimmt nicht, aber ich weiß nicht, was." Bei diesem Buch stimmt die Reihenfolge der Erscheindung nicht mehr. Wie war es früher: da wurde eine Geschichte erfunden, ein Buch. Dann, wenn es gut lief, konnte daraus ein Film werden. Und im Zuge der Vermarktung gab es Spielzeug und ein Computerspiel. Meistens nahm das investierte Herzblut in dieser Kette zugunsten der Kohle ab. Aber heute! Da erfindet jemand in Stockholm ein Computerspiel, das sich rasend verbreitet und mit seiner Würfelidee viel Möglichkeit für Kreativität der Spieler eröffnet. Und Jahre später schreibt ein Deutscher eine Romanreihe dazu.

Also ohne die (Grund)Kenntnis des Spiels macht der Roman nicht viel Sinn. Im Prinzip wird - wie schon bei Tron - ein Mensch in ein Computerspiel integriert, und es gibt einen Wechsel zwischen realer und Computerspielwelt. Insgesamt wirkt das Ganze etwas langamtig: ständig die Ausweglosigkeit, die aber überwunden wird. Immerhin lernt man abgesehen von den üblichen Verdächtigen wie Creepern, Zombies, Riesenspinnen oder Skeletten auch noch viele andere Minecraftübeltäter kennen. Und ich habe den Eindruck, daß es den Kids gut gefallen wird.Unnnggghh!

Karl Olsberg: Würfelwelt.

Drei Tage Wulzendorf non stop

Es ist wie beim Kochen. Da verwendet einer die richtigen Zutaten und es schaut gut aus, aber irgendwie bleibt dann beim Essen der Appetit aus, etwas paßt nicht, ohne daß man sagen könnte, was das wäre. So ergangen ist es mir bei "Volksfest". Vorweg: die Grundidee, als Hintergrund für die Handlung ein Dreitagesfest in der Pampa irgendwo in Niederösterreich heranzuziehen, taugt mir voll. Sprachlich kommt das Buch, sagen wir "elaboriert" daher. Und guter Wortwitz fehlt nicht. Auch das Tempo der Handlung paßt, und in nicht wenigen Schmähs findet man sich rasch wieder - oder ertappt. Warum ich es nur gut finde und nicht begeistert bin? Vielleicht kann ich die teils sperrigen Sätze nicht rasch genug entziffern, um ein Lesetempo zu erreichen, das für eine "Krimikomödie" paßt. Oder kommt der Schmäh zu dicht und teils oberflächlich daher? Oder ist die Lektüre von diversen Wolf Haas Werken Schuld. Ein wenig erinnert mich das Gefühl beim Lesen an die Trilogie von Lutz Sommerfeld. Aber falls sich der ORF zu einer Verfilmung hinreißt, die nicht so nett und lieb daherkommt wie die Raab´s Metzkerkrimis, sondern bildgewaltig, dann könnte das ziemlich stark werden.

Rainer Nikowitz: Volksfest.

Augenzwinkern für die Beziehungskiste

Die große Klammer, die sich durch das Pease Buch mit den Lügen und den Schuhen zieht, ist Mann und Frau, und wie gehabt keine Bescheidenheit der Autoren. Von einem "phänomenalen Bestseller" am Umschlagtext zu sprechen setzt sich fort im Inhalt insofern, daß die Autoren niemals eine Antwort schuldig bleiben. Für alles gibt es eine Erklärung! Dabei müssen oft die urzeitlichen Lebensumstände herhalten, eigentlich fast immer. Denn sogar die Unterschiede im Gehirn zwischen Mann und Frau kommen daher, daß Männer jagten und Frauen hegten. All das ist verpackt in Ratgeber (lügen sie einer Frau nie ins Gesicht, sie könnte sie an der Mimik und den Gesten durchschauen, telefonieren oder noch besser eMail verwenden!) oder durchaus ernst gemeinte Lösungsvorschläge. Daß man eine nicht allzu ernste Lesart wählen sollte und nicht alles für bar einsetzbare Münze hernehmen, das deuten die Autoren schon damit an, daß sie immer wieder mit teils witzigen Sprüchen für Auflockerung sorgen. Dann kann es schon amüsant werden, zu erfahren, warum Frauen so viel reden und Männer gerne Sport schauen. (Ausnahmen soll es jeweils geben!)

Allan et Barbara Pease: Warum Männer lügen und Frauen immer Schuhe kaufen.

Sonntag, 3. Mai 2015

Das Tom-Clancy Finale: brilliant

Es muß etwa 1990 oder 1991 gewesen sein, als ich Jagd auf Roter Oktober gelesen habe. Das ist mir insofern in Erinnerung geblieben, als es das erste Buch war, das mich so gefesselt hat, daß ich es kaum erwarten konnte weiterzulesen, wenn der eine Tag um war und ich am nächsten arbeiten mußte. Das hat es seither immer wieder mal gegeben. Und auch beim letzten Werk von Tom Clancy war es nicht anders. Wenn am Klappentext steht: "Der neue große Tom Clancy mit Starbesetzung", so würde man zuerst befremdet denken: Starbesetzung in einem Buch? Bücher brauchen doch keine Hollywood Stars. Aber hier sind die Charaktäre gemeint, die Clancy schon seit gut zwei Jahrzehnten pflegt, und die mittlerweile tatsächlich so etwas wie "Stars" sind. Das stärkste an diesem Buch ist aber sein Bezug zur tatsächlichen Ukraine-Krise. Man kann kaum glauben und schaut zwei mal nach, daß Clancy das Buch just vor den Maidanunruhen und der folgenden russischen Operationen in der Ukraine veröffentlicht hat. Fast schon gespenstisch, glaubt man stellenweise eher aktuelle Nachrichten zu lesen als einen Roman. Fesselnd allemal!

Tom Clancy: Command Authority. Kampf um die Krim.