Dienstag, 16. Februar 2010

Knochenweich

Geld, Gier, Sex, die Gottlosigkeit der heutigen Zeit, Egoismus? Eines all dieser Dinge oder alle gemeinsam haben die Geschichte ausgelöst, in die "unser" Brenner da getappt ist. Mit "Der Knochenmann" erlebt man das seltene Kunststück, daß massentaugliche Ware auch für (selbst ernannte) Kulturgutmenschen passend sein kann. Mit dem Gasthaus & Fleischerei Löschenkohl als Rahmen hat man großes Gespür bewiesen, steirische Heimatfilmtragödien mit pathologischen Einlagen, das alles einem unbedarft zum Handkuß kommenden Hader, der mit Sprüchen wie "Beim Hendlessen ist alles möglich" als Reaktion auf den gefundenen, abgetrennten Finger und die These, es sei "vielleicht ein Unfall gewesen" punktet und diese diversen Perversitäten so schön ad absurdum führt, daß man sich delektiert, wenn er Mitten in der Nacht Wirtens frisch gekochtes Erpressergulasch ißt und die Zartheit des Fleisches lobt. Bei uns am Land, wo eben die Welt noch in Ordnung ist.
Mit der Anzeige des Wirten durch den Juniorchef nimmt der Plot eine gefällige Wendung, die dann in einem Faschingsgschnas gipfelt, das ohne aufgearbeitete Leiber als Hintergrund graumsam genug wäre. Passend dazu auch die Liebesszene, Brenners Schnellschuß und als Parallelhandlung das Blättern im Buche der Geschlechtsumwandlung.
Natürlich könnte man sagen, ein paar Details wie die penibel gezogenen Zähne des ersten Opfers seien an der Grenze, aber der Vorschußlorbeerbaum, den österreichische Produktionen an sich schon haben, hat sich vollends als gerechtfertigt bewiesen. Und der Brenner ist so entwaffnend genial knochenweich, unerbittlich zugleich - hundert Punkte.

Montag, 8. Februar 2010

Kurzweilig ist langweilig

Also habe ich samstags (mit Unterbrechungen) den Streifen "Der Teufel trägt Prada" im Fernsehen geguckt. Gewünscht hätte man sich so etwas wie eine Milieustudie, aber "Studie": dafür war das zu kurzatmig. Um die Handlung voranzutreiben (sehr viel Handlung, sehr, sehr viel) blieben die Charaktäre auf der Strecke. Schön langsam glaube ich, ich werde zu alt für dieses Hollywood-Schema, das über jedes erdenkliche Thema gestülpt wird. Um unterhaltend und massentauglich, kurz gesagt: um kurzweilig zu sein, muß verkürzt, grob vergrößert, auf Klischees zurückgegriffen werden. Und eben diese Kurzweile ist mir langweilig geworden, so durchschaubar, so ein übelriechendes Fastfoodweckerl, das immer gleich schmeckt.

Aber abgesehen davon. Was will uns dieser Film sagen? Daß man, sofern man sehr klug ist und bereit, jede Überstunde (!) zu leisten ohne Ende, auch in einer sehr harten Branche mit Größe 36 durchkommen kann? Daß auch an sich grundschlechte Menschen in kurzen Momenten ihr Herz erweichen können? Daß ein Seitensprung vor der lebenslang glücklichen Monogamie sein muß? Gerade bei letzterem Sachverhalt drängt sich VickyChristinaBarcelona auf, auch hier "mußte" ein Seitensprung Vickys sein, um die Ehe zu ermöglichen. Paßt eigentlich garnicht zur amerikanischen Sichtweise der Dinge. Aber es wird auch insofern nahe gelegt, als die jeweiligen Partner bzw. die künftigen Ehemänner doch jederzeit danach problemlos parat stehen, sich noch nicht einmal groß zieren. Noch ein Aspekt ist des Strapazierens wert: Frauen. Diese Branche, obhin in Echt sehr wohl Männer genauso die Linien vorgeben, wird im Film als Frauenbetrieb gezeigt. (Gerademal ein Mann, Nigel, sofern ich nicht irre, kommt vor, und hej: heißt es nicht, Männer in der Modebranche müssen per se schwul sein müssen? Dabei ist das so ein Schwachsinn - grundsätzlich betrachtet. Denn was ist denn das hehre Ziel der Modebranche: Frauen schön machen, sie schmücken, sie in eine Augenweide verwandeln, elegant, gewagt, sexy. Jedenfalls. Und wäre da nicht ein hetereosexueller Mann besser, der Frauen liebt, ihre Erscheinung, ihre Ausstrahlung, auch ihre Körper. Der sie dann versucht und vermag, Kraft aller Phantasie alle Blicke der Bewunderung sicher zu machen? Aber das denkt ein Kurzsichtiger.
Jedenfalls, in unserem Film wird es sogar rezitiert: wäre sie (Mrs.Modemagazin) ein "er", es würde nur heißen, er mache seinen Job gut. Will uns Hollywood also sagen, Frauen müssen 10x härter arbeiten und sein, um Karriere zu machen, und dann gelten sie auch noch als Eiskönigin.
Irgendwie kann ich mich mit all diesen Bildern nicht anfreunden. Und dieser moralische Wandel zum Schluß: widersagst Du dem Teufel und seinem mit High Heels gepflasterten Weg in die Hölle? Ich widersage. (Die Steigerung wäre gewesen, daß die Protagonistin vorerst innerlich widersagt, aber sich bis zur Leitung des Magazins hochdient und dann alles umkrempelt auf fair und menschlich). Träum weiter...