Es ist eben diese typisch amerikanische Art von Sozialwissenschaft: schwerst empirielastig. Da muß man ja sagen: ein gänzlich unwissenschaftliches Buch oder eine seriöse Arbeit - ja, aber das Ding dazwischen, nicht Fisch nicht Fleisch. Daß es laut dem Coveraufdruck ein Weltbestseller sein soll, wird am Thema liegen. Sex sells. Und zugegeben, ein bißchen Unterhaltungswert hatte das Buch durchaus. Aber dann diese vielen Ratschläge, die klingen, als wären sie ernst gemeint. Und die total einseitige Basiserklärung, die das Fundament und den Roten Faden durch das Buch bildet: bei Frauen zählt das Aussehen. Bei Männern das Einkommen. (Frei zu erweitern um etliche Begriffe derselben semantischen Felder). Ob es in Amerika wirklich schon so arg ist? Anzunehmen, wenn man etwa von den Dating-Regeln ausgeht. Fünf Dates = Sex ODER ex(it).
Weil dieser Erklärungsansatz greift mir doch etwas zu kurz. Unzählige Beziehungen sind damit nämlich nicht zu erklären. Was hilft ein Haserl, das aber dämlich ist ohne Ende. Warum lassen sich Frauen auf Schläger ein? Der Samaritereffekt?
Ein insgesamt interessantes Thema, aber so einfach ist das nicht. Weder das Thema selbst, noch es zu beschreiben. Statt der endlosen Wiederholungen und Checklisten hätte ich mir gewünscht, daß die Autoren mehr qualitativ vorgegangen wären und eine kleinere Zahl konkreter Fallbeispiele detailliert durchleuchtet hätte, womit man dann die Studien mit ihren hohen Sample-Zahlen konterkarrieren (allenfalls bestätigen) hätte können.
Allen et Barbara Pease: Warum Männer immer Sex wollen und Frauen von der Liebe träumen.
Montag, 27. April 2015
Samstag, 11. April 2015
Geschichte relativiert
Wenn sie einem in der Schule versuchen, Geschichte einzutrichtern, so hat das stets den Anschein, als sei all das wahr. Nicht nur die sogenannten "Fakten", auch logisch-schlüssige Erklärungen und Abfolgen werden mitgeliefert. Dann kommt der Test und man vergißt es auch rasch wieder. Dabei: mindestens genau so spannend wie die Geschichte selbst, ist die Frage, woher kommt das. Denn Geschichte ist nur EINE Geschichte, EINE Sichtweise, EIN Konstrukt. Was dem einen ein Freiheitskämpfer, ist für die anderen ein Terrorist. Befreiung oder Besatzung? Und da wird es auch schon politisch. Denn das Gros der Bevölkerung hat seinen Geschichtsbegriff aus der Schule. Die dort vertretene Lehre und besonders die Schulbücher geben eine Sichtweise ab, die von Politikern als "richtig" angesehen wird. Wie "richtig" aber Geschichte sein kann, hat Umberto Eco in "Der Friedhof von Prag" schön skizziert. Er hat dabei praktisch ausschließlich auf real existenten Personen die Geschichte der Protokolle der Weisen von Zion konstruiert auf Basis von Schwindel, Fälschung, Abschreiben und Erfindung. Und wenn ein solcherart gefälschter Bericht auch noch so an den Haaren herbeigezogen ist, wenn er jemanden nützt und dazu einen hohen Preis hat, wird er geglaubt. Daneben macht der Roman von Eco auch noch Freude, da er in eine der (für mich) spannensten Epochen fällt, nämlich das ausgehende neunzehnte Jahrhundert, das Umbrüche brachte, die gewiß noch radikaler waren, als was uns heute Computer und Internet bescheren. Zudem fragt man sich immer, wie Eco solch aberwitzige, historische Charaktäre so lebhaft in Szene setzen kann.
Umberto Eco: Der Friedhof von Prag.
Umberto Eco: Der Friedhof von Prag.
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