Sonntag, 16. September 2018

Taferlriss! Und, weiter?

(Wichtige Anmerkung vorweg: Haftungsausschluss: dieser Beitrag ist von einem Laien verfasst. Alle darauf beruhenden Entscheidungen oder Handlungen erfolgen auf eigene Gefahr und eigene Verwantwortung. Stand 3.Quartal 2018. Ziel ist, aufzuzeigen, dass Moped-Tuning kein Kavaliersdelikt ist, sondern ernste Probleme mit sich bringt.)

Was ist ein "Taferlriss"? Die österreichisch umgangssprachliche Bezeichnung für Kennzeichenentzug bei einem Moped aufgrund von Mängeln, die keine Straßentauglichkeit zulassen. Bevor wir uns mit dem Riss und den Folgen beschäftigen:

Was kann ich vorweg tun, um den Taferlriss zu vermeiden?

Vorsicht ist (viel!) besser als Nachsicht. Wenn man ein gebrauchtes Moped kauft, sollte man einmal testen, welche höchste Geschwindigkeit damit erreicht werden kann. Liegt diese über 65-70km/h, kann man davon ausgehen, dass wesentliche Änderungen vorgenommen worden sind. Man kann das Moped trotzdem kaufen. Aber man sollte den Verkäufer fragen, welche Änderungen durchgeführt worden sind und ob er noch die Originalteile hat. Die soll er dazugeben.

Danach sollte man das Moped soweit zurückbauen, dass die Geschwindigkeit in einem "gewissen Rahmen" bleibt. Wieviel man genau haben sollte, ist natürlich nicht klar zu sagen. 65-70km/h oder mehr sind jedenfalls zu viel. Unter 60km/h sollte vermutlich passen (das Gesetz sieht 45km/h vor, aber ich glaube, dass sogar nagelneue, originalbelassene Mopeds ein wenig schneller gehen). Achtung: eine Strafe bekommt man auch schon für kleinere Überschreitungen! Aber wir reden hier von Kennzeichenentzug. Ich habe noch nie gehört, dass jemand bei unter 60km/h die Kennzeichen genommen wurden.

Dazwischen (60 bis 70): Geschmacksfrage. Achtung übrigens: möglicherweise zeigt der Tacho auch nicht mehr richtig an. Wer es genau wissen will, kann jemanden bitten, mit dem Auto hinten nach zu fahren und auf den Tacho zu schauen. (oder in die Fachwerkstätte)

Rückbau: was sind gängige Umbauten?


Drossel: im Auspuff, gleich nach dem Krümmer, befindet sich eine Drossel. Das sieht aus, wie eine große Beilegescheibe. Zum Rückbau gibt es eine Ersatzdrossel (+Dichtungen), die eingebaut werden kann. Diese Drossel hat in der Mitte ein Loch (ca. 10mm Durchmesser). Dieses Loch kann man am Ende (nach allen anderen Rückbauten) vergrößern, um sozusagen die höchste Geschwindigkeit einzustellen. Aber Vorsicht: 1mm Vergrößerung hat schon eine starke Auswirkung, also lieber schrittweise anpassen und wieder ausprobieren zwischendurch.

Ritzel: Am Moped befindet sich eine Angabe, wieviele Zähne das Ritzel (kleines Zahnrad im Antriebssatz motorseitig) haben sollte. Hier muss unbedingt das Original drauf, denn es ist sehr einfach, durch Abzählen der Zähne einen Umbau nachzuweisen.

Auspuff: Falls ein anderer (Sportauspuff) Auspuff montiert wurde, sollte dieser im Typenschein eingetragen sein. Ansonsten wäre auch hier der Rückbau zu überlegen (ist nämlich auch offensichtlich erkennbar)

Vergaser: Ob hier Änderungen vorgenommen worden sind, ist nicht so einfach zu erkennen. Falls man mit dem Rückbau der vorher genannten Dinge die Höchstgeschwindigkeit angepasst hat, sollte der Vergaser kein Problem sein.

Und? Natürlich fährt sich das Moped nach Rückbau nicht mehr so gut. Aber lieber keine oder eine Strafe, weil es etwas zu schnell geht, als ein Taferlriss!

Nicht auf mich gehört? Taferlriss!


Wie wahrscheinlich ist ein Taferlriss? Das lässt sich schwer beantworten. Vor allem in Stadtnähe wird es nur eine Frage der Zeit sein. Aber auch am weiten Land ist man nicht gefeit. Und vor allem ist der Taferlriss ja noch eine milde Form. Denn wenn ihr einen Unfall verursacht, womöglich aufgrund überhöhter Geschwindigkeit, womöglich mit Personenschaden, dann seit ihr ganz schnell in einer Situation, die ihr viele Jahre lang bitter bereuen werdet.

Nun zum Ablauf (wer nicht hören will, muss fühlen): entweder fährt ihr in eine Kontrolle oder ihr werdet mit überhöhter Geschwindigkeit von der Polizei erwischt. Radarmessungen oder sie fahren einfach hinter Euch und schauen auf den Tacho (Achtung: es gibt auch Zivilstreifen). Ihr werdet gestoppt und es wird gleich geprüft, ob ihr etwaige elektrische Systeme habt, die die Geschwindigkeit herabsetzen. Aber keine Sorge: die Aussage der Beamten, sie seien Euch mit 80 nachgefahren, reicht bereits aus. Als nächstes geht es auf den Rollprüfstand (sogenannte "Walze"). Das Moped wird mit dem Hinterrad draufgestellt und die Gänge durchgeschalten. Das Messergebnis wird abgelesen. Angeblich (!) bei 73km/h Messergebnis (Achtung: Walze ist nicht gleich ebene Straße, Walze zeigt mehr an) ist das Taferl weg. D.h., Kennzeichen und Zulassungsschein werden abgenommen, das Moped müsst ihr heim schieben oder euch abholen lassen.

Wie geht es weiter? Die Überprüfung gemäß §56 Kraftfahrgesetz


Als nächstes bekommt ihr ein Schreiben (ca. nach 1-2 Wochen, wo ihr das Moped nicht benützen könnt - ist auch blöd, wenn man damit in die Arbeit oder Schule fahren muss). Dieses Schreiben ist eine Vorladung zur "besonderen Überprüfung" gemäß §56 KFG. Ihr müsst zuerst mit der jeweiligen Stelle in eurem Bezirk (ist dort genannt) einen Termin vereinbaren. Auch hier gibt es Wartezeiten, können durchaus auch einige Wochen sein. (Also lange Zeit ohne Moped) Habt ihr den Termin, bringt ihr das umgebaute Moped dort hin (hinfahren mit dem Moped geht natürlich nicht). Dort geschieht so etwas Ähnliches wie eine Pickerlüberprüfung, nur eben deutlich genauer und durch Beamte und nicht eine normale Werkstätte. Dabei wird neben dem Üblichen (Fahrgestell, Bremsen, lose Teile, Rückspiegel usw.) auch Wert gelegt auf Lichter, Reflektoren und natürlich haben die einen Rollprüfstand (Walze). Welcher Wert hier akzeptiert wird, weiß ich nicht. Aber bis 60km/h auf der Walze (was ja auf der Straße nicht so schnell sein kann wegen Luftwiderstand, Rollwiderstand etc) sollten auf jeden Fall akzeptiert werden. Hinweis: seid gründlich, nicht "probieren". Denn wenn ihr hier nicht durchkommt, müsst ihr einen neuen Termin vereinbaren (= noch mehr Zeit). Kleine Nachbesserungen (zB Reflektor fehlt) könnt ihr dort sofort vornehmen, man wird fair und korrekt behandelt. Habt ihr es geschafft, bekommt ihr ein Gutachten, mit dem ihr bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft die Kennzeichen und den Zulassungsschein wieder bekommt. Kosten bisher? Nur das Umbaumaterial. Aber wird sind noch nicht fertig.

Jetzt wird es hart: die Polizeistrafe


Das ist der unschöne Teil. Der Zulassungsinhaber und der Lenker bekommen getrennt voneinander Strafen. Als Richtmaß, das für eine Erstbegehung wahrscheinlich überall ähnlich verhängt wird, kann ich euch sagen:
  • Zulassungshinhaber: cirka 300 EUR
  • Lenker: cirka 700 EUR
Macht also in etwa 1000 EUR aus. Weiters bekommt ihr eine Führerscheinvormerkung, das heißt: wenn ihr innerhalb von zwei Jahren einen weiteren Delikt einer Liste (Fahren mit Alkohol, Fahren mit technischen Mängeln = zB Moped, das zu schnell geht, usw.) begeht, müsst ihr zu einer Führerscheinnachschulung, und es kommt eine noch längere Beobachtungsfrist und höhere Strafen und irgendwann ist der Führerschein weg.

Wie kommt es zu dieser hohen Geldstrafe? Das Problem ist, dass ihr mehrere Delikte begeht. Weiter unten habe ich eine Aufstellung in Tabellenform. Ihr habt also zwei Wochen Zeit zum Einzahlen. Oder ihr könnt Einspruch erheben.

Einspruch? ja-nein-vielleicht


Vorweg: nur zum Probieren Einspruch erheben lohnt sich nicht. Denn es werden je Delikt (von denen ihr ja mehrere habt) 10% der Strafe als Verfahrenskosten verrechnet, jedoch mindestens 10 EUR je Delikt. Könnten also für alles nochmal 100 EUR oder mehr sein. Also vorher überlegen.

Es gibt zwei Möglichkeiten des Einspruchs. (a) gegen die sachliche Richtigkeit. In diesem Fall ist das eher sinnlos, denn das Moped wurde als zu schnell mit einem geeichten Gerät gemessen. Da kann man nicht viel diskutieren. (b) nur gegen die Strafhöhe, also Strafe ja, aber bitte nicht so viel. Wie geht ihr für Punkt (b) vor? Wie in der Tabelle unten gezeigt, wird für jede einzelne Strafe das Gesetz angegeben. Ihr googelt also einfach z.B. §134 Abs.1 KFG und lest nach. Irgendwo steht dann so etwas wie "wer ... begeht... ist mit einer Geldstrafe bis zu 5000 EUR" zu bestrafen. Möglicherweise steht weiter unten im Gesetz noch ein Zusatz, wonach für bestimmte Vergehen mindestens so und so viel Mindeststrafe einzuheben ist. Habt ihr nun bei einem Delikt, das mit "bis zu 5000 EUR" bestraft wird, 50 oder 100 EUR stehen, dann seid ihr im Strafrahmen weit unten. Ob das noch tiefer geht? Um es rauszufinden, muss man Einspruch erheben und dann eben 10% von 50 EUR = 5, aber mindestens 10 EUR, also 10 EUR bezahlen. Ich denke, das wird eher sinnlos sein. Aber vielleicht gibt es für ein Delikt einen höheren Betrag. Dann schaut man sich den an. Vielleicht das Führerscheingesetz (§37 FSG): hier ist der Strafrahmen 36 bis 2180 EUR (Stand 3Quartal 2018), und wenn ihr da 363 EUR stehen habt, ist das in Relation nicht ganz am unteren Ende. Es gibt hier einen Zusatzpunkt (Absatz 3) im Paragraphen, wonach MINDESTENS 363 EUR fällig werden. Das gilt aber nur, wenn Ihr gar keinen Führerschein habt.

Wie kann jetzt im Einspruch argumentiert werden? Bei der Strafhöhe wird grundsätzlich von der Behörde ein Einkommen angenommen. Die Idee ist, dass die Strafe jedem Bürger ungefähr "gleich weh" tun soll. Und jemand, der viel verdient, lacht vielleicht über ein paar hundert Euro, ein anderer nagt an der Existenz. Also: 1. Argument: ihr habt kein oder ein geringes Einkommen. 2. Argument: ihr habt noch nie eine Strafe gehabt (falls doch, dann sollte man vielleicht einfach einzahlen und sich bessern). 3. Argument: ihr habt das Moped zurückgebaut und schon die Überprüfung §56 erfolgreich absolviert. Vielleicht (und wirklich nur vielleicht!!) kann das eine Verringerung bringen. Falls nicht, habt ihr weitere (im Beispiel mit 363 EUR) 36,30 EUR in den Sand gesetzt. Wird bei 1000 auch schon egal sein.

Hier die Tabelle der Delikte, die ihr begeht mit Gesetz und Strafrahmen

a.) Zulassungsinhaber
  1. Fahrzeug entspricht nicht dem Kraftfahrgesetz. §134 KFG (bis zu 5000EUR)
  2. Fahrzeug ist nicht richtig versichert, da kein Moped mehr. §134 KFG (bis zu 5000EUR)
  3. Fahrzeug jemanden überlassen, der nicht damit fahren darf. §134 KFG (bis zu 5000EUR)
  4. Beihilfe zur Verwaltungsübertretung des Lenkers. §134 KFG (bis zu 5000EUR)
b.) Lenker
  1. Zu schnell gefahren* (als mit einem Moped erlaubt ist) §134 KFG (bis zu 5000EUR) 
  2. Fahrzeug nicht richtig versichert §134 KFG (bis zu 5000EUR)
  3. Kein ausreichender Führerschein* da kein Moped mehr sondern Motorrad §37 FSG (36 bis 2180EUR)
  4. Sich nicht vor Fahrantritt überzeugt, dass das Fahrzeug verkehrstauglich ist §134 KFG (bis zu 5000EUR)
  5. Fahrzeug ist nicht richtig zum Verkehr zugelassen, da kein Moped mehr §134 KFG (bis zu 5000EUR)
Man sieht, dass 8 Delikte mit JEWEILS bis zu 5000 EUR bestraft werden könnten. Die mit * gekennzeichneten können nicht zutreffen, wenn ihr nicht wirklich so schnell gefahren seid (gemessen von Polizei), sondern nur der Rolltest bei einer Kontrolle das ergeben hat. Oder im Fall (3) wenn ihr einen Führerschein für Motorräder (A1, A2, A) habt (und nicht nur AM).

Zusammenfassung


Ich hoffe, diese Erläuterungen haben Euch davon abgebracht, mit einem getunten Moped, das zu schnell läuft, zu fahren. Falls ihr es so gebraucht gekauft habt, baut das Ärgste zurück. Bleibt unter 70km/h, lieber noch weniger, unter 60km/h. 1000 EUR Strafe winken, und bei einem Unfall wirds noch viel schlimmer. Ach ja, davonfahren oder ein zweites Mal erwischt werden, da werden Euch die 1000EUR noch geschenkt vorkommen. Ihr habt im "Mopedalter" erstmals Gelegenheit zwischen entschuldbarer Unvernunft (wo man noch darüber lachen kann) und ernsten Delikten zu unterscheiden. Schlagt nicht über die Strenge, es lohnt nicht.


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