Das ist schon spannend, wie Hesse in "Unterm Rad" ein Phänomen voraussieht, das heute verbreitet ist wie der Teufel. Es geht ihm ja darum, das manchmal oberflächlich ruhige, manchmal aufwütende, aber jedenfalls heikle Brackwasser zwischen Kindheit und erwachsen sein aufs Tableau zu bringen. Damals war es der Ausnahmeschüler Giebenrath, der unter die Räder des Gelehrigkeitsbetriebes und des fremden Ehrgeizes kam, dem man seine Kindheit nahm, aber keinen Ersatz anbot. Heute trifft das auf sehr viel mehr und auch weniger Begabte zu. Gerade in dieser schwierigen Zeit verlangt man einerseits, zentrale Entscheidungen über die Laufbahn und künftige Chancen zu treffen, andererseits unglaubliche Leistungen, um dem Vorhaben gerecht zu werden, um nicht aus der Schule zu segeln. Das ist lebenszeitlich völlig deplaciert. Würde man noch zwei Jahre draufgeben und die Entscheidung mit 16 treffen lassen, da würden nicht so viele unters Rad kommen.
Hermann Hesse: Unterm Rad. (Sz-Bibliothek Bd.46)
Freitag, 21. Dezember 2018
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