Montag, 12. September 2022

365, 365, 365

 Wir wissen schon, wie viele Tage das Jahr hat. Aber so ein Jahr, wo man entführt wird als Polin von einem Mafiaboss, das hat es schon in sich, sodass sich die Beschreibung offenbar auf ein zweites und drittes Mal lohnt. Blanka Lipinska lässt hier wahrlich nichts aus, obwohl sie sich zumindest all den SM Zauber erspart (davon hatten wir schon in den 50 Schattierungen mehr als genug). Immerhin überrascht die Hauptdarstellerin mit einigem Widerstandsgeist und Kampfeswillen, bevor sie dennoch den sehr klassischen, althergebrachten männlichen Attributen von (Don) Massimo erliegt. Jetzt, was würde wohl Sibylle Berg zu so einem, aus ihrer Sicht, vermutlich als "Schund" bezeichneten Werk sagen? Bzw der Tatsache, dass das heutzutage so gut geht (es gibt eine filmische Umsetzung davon sogar auf Netflix). Ist das der umstrittene Ansatz, wonach sich Frauen auch im 21. Jahrhundert noch immer in Wirklichkeit sehnen nach Geld, Macht, wohlgeformter Körper, Potenz, Verlangen? (Auch der Typ bei den 50 Schattierungen war reich etc.) Dann wären ja all die braven, neuen Hausmänner die ...ten. Wenn wir nicht weiter wissen, dann holen wir immer die 4-Quadranten-Matrix (BCG Matrix) raus. Dieses Hausmittelchen der Analyse hat noch immer geholen. Also die Achsen: nicht reich - reich, nett - Arschloch. Reich und nett wurde bisher in dieser Galaxie noch nicht entdeckt. Reich und Arschloch wohl, wobei so reich wie Don Massimo oder Ch.Grey sind dann doch nicht so viele, und hier ist die Konkurrenz (das Griss drum) groß. Die breite Masse ist nicht reich, und von daher ist der nicht reiche, aber nette Kerl immer noch besser als... Ach ja, so ein Sizilienurlaub wäre schon mal wieder was.

Blanka Lipinska: 365 Tage.

Konstant und veränderlich

 Alles ändert sich rasant, und wir finden uns in einer Welt wieder, die jener vor nur dreißig Jahren nicht mehr gleicht. Äußerlich vielleicht noch, aber innerlich. Das ganze digitale und die Welt 2.0 oder 4.0 oder scheiß der Hund drauf wie man das gerade nennt. GRM, also Grime, kann helfen, aber hat uns nicht immer schon die Musik geholfen. Und in so einer Welt, die längst nur mehr eine Richtung kennt (bergab), bleiben die üblichen Probleme Heranwachsender völlig konstant wie immer schon. Dieser Aspekt ist bei GRM (von Sibylle Berg) noch stärker als all das andere, das da wieder verpackt wurde. Obwohl der Niedergang der Mittelschicht schon, dings, also. GRM ist mehr noch als RCE nach meinem Geschmack, und jetzt warten wir auf die nächste Dreibuchstabenkombination (davon gibt es 17576, davon sind zwei verbraucht).

Sibylle Berg: GRM.

Donnerstag, 4. August 2022

So oder anders

 Man könnte sich überlegen, ob die Frage, die man bei RCE 

von Sybille Berg
Ethnie: Mitteleuropa
Hobbys: Buchstaben
Technische Kenntnisse: ausreichend
Gesundheitszustand: Sport


stellen muss, die Frage nach dem OB oder nur mehr nach dem WANN ist. Bei ihr werden so viele aktuelle bzw. sogenannte Zufkunftsthemen verhandelt, dass einem schwindelig wird. Freilich mit geringem Tiefgang pro der dargestellten Personen. Aber wer will heute noch Tiefgang? Tiktokmäßig werden wir mit Fragmenten gefüttert, wo am Ende einer Wischsession nichts hängen bleibt. Bei Berg bleibt aber am Ende etwas hängen. Nämlich das dumpfe Gefühl, dass sie in ihrer Darstellung zumindest in Ansätzen recht hat. Interessant ist, dass die Menschen eigentlich trotzdem nur vom System "Kohle, Money, Geld" in ihre Miserien gedrängt werden. Worin sie aber vermutlich nicht recht hat, ist, dass sich der Mittelstand die lange angewöhnten Annehmlichkeiten abnehmen lässt, ohne auf die Barrikaden zu gehen. Annehmlichkeiten wie Urlaubsreisen, Auto, Eigenheim. Ob es wirklich gelingt, die Leute so hinzubiegen, dass sie das aufgeben und trotzdem weiter im Hamsterrad laufen: also alleine mit den ganzen Krisen (Klima, Pandemie, Energie,...) wird das nicht gehen. Was soll man in den sozialen Medien auch posten, wenn nicht den hundertsiebzigsten Stranurlaub. Man darf auch nicht außer acht lassen, dass das kapitalistische System die Masse als Konsumenten braucht. Dass die Reichen so viel konsumieren, dass es ausreicht, ist schwer vorstellbar. Und zum Schluss bleibt noch offen, ob es wirklich eine handvoll Jugendliche geben wird, die dann die Welt retten. Das sind dann vielleicht diejenigen, die nicht dauernd ins Handy schauen.

Sybille Berg: RCE #RemoteCodeExecution

Sonntag, 31. Juli 2022

Ganz schlechtes Recycling

 Ich habe mir also Top Gun II ("Maverick") angesehen. Und ich muss sagen: wirklich schlecht! So ein billiges Sequel, wo man an allen möglichen Stellen an den echten Top Gun angeknüpft hat. Die Bilder, die da von damals rumhängen. Tom Cruise, der da von damals rumhängt. Sein Sixpck tröstet auch nicht darüber hinweg, dass er schon viel zu alt ist. Und dann die Geschichte mit Gooses Sohn. Und das letzte kommt am Ende: der haarsträubende Einsatz. Sogar die alte F14 der Bösen zu verwenden war schon ein echt abgebrauchter Schmäh. Einziges Highlight: dass "Ice" Val Kilmer einen Auftritt hat, wenn auch nur einen kurzen. Sonst: bitte kein Top Gun III, obwohl, noch schlechter kann es nicht werden.

Donnerstag, 14. Juli 2022

Those who controls the data, controls the universe

 Auf den siebenhundert Seiten von Frank Herberts "Dune" findet man in den vielen Schichten so ziemlich alles, was man suchen könnte. Da das Buch schon fünfzig Jahre auf dem Buckel und in der vordigitalen Zeit entstanden ist, schauen wir doch die Fiktion an, die uns dort vorgesetzt wird. Zum einen vermisst man die Technik, die unser heutiges Leben regiert. Computer wurden in einer Art Maschinensturm gleichsam gelöscht. Anstelle ihrer gibt es Mentaten, lebende Computer. Religion spielt eine große Rolle, wobei auch der instrumentalisierende Charakter wiedergegeben wird. Gleichzeitig gibt es mittelalterliche Strukturen, Barone, einen Imperator etc. und daneben aber "Großunternehmen" wie die Gilde oder Mafea.

Also derweil sieht es garnicht nach einem Ende der Technologisierung aus. Statt der Religion herrscht der Algorithmus, und in Wahrheit die Personen "hinter" dem Algorithmus, also G wie Gilde=Google, quasi ein Monopol auf interstellaren Transport oder Daten. Und genauso, wie die Gilde von den Fehden der Häuser unbeindruckt, ist Google von dem Hin- und Her von Staaten. Übrigens: der Krieg (Dschihad) lässt sich letztendlich in Dune auch nicht verhindern. Was für eine Fiktion, was für eine Realität.

Frank Herbert: Dune. Der Wüstenplanet.


Montag, 18. April 2022

Brenner: nie alt

 Endlich hat Wolf Haas wieder einen Brenner-Roman vorgelegt. Und da muss man gleich sagen, klassisch gut, quasi Brenner wie man ihn kennt und liebt. Hier musste keine Modernisierung her, einfach das gute, alte Kochrezept wiederverwendet. Dass man nach den Genres wie Rettung, Kirche, Spendensammler oder Wirtshaus jetzt auf Müll umgesattelt hat, ist ja gut und billig. Also ändern wir mal eben den Tobias-Spruch um: er (Haas) ist Legende.

Wolf Haas: Müll

Montag, 7. Februar 2022

Garnicht so viel Tarnen und Täuschen

 Es ist einfach ein schönes Buch. Natürlich, die Grundidee, bei ähnlichem Aussehen die Rollen zu vertauschen bzw. eigentlich nur eine Rolle neu zu besetzen (denn Alvey hat ja praktisch keine Rolle) ist immer wieder reizvoll. Man kriegt auch gleich Lust auf die Region, auf Nordengland, den Hadrianswall. 

Joan Aiken: Du bist ich. SZ-Bibl.Bd.67

Samstag, 8. Januar 2022

Schönwettergendarm in der Krise

 Der Polt ist auch so ein Trankler. Das wäre ja auch richtig, wenn er nicht hie und da auch Gendarm spielen müsste. Aber ist das Saufen wirklich so harmlos und gehört es wirklich so dazu? Der schwärmerische Tonfall, der schon auf den ersten Seiten gegenüber dem Tröpferl angeschlagen wird, lässt es vermuten. Erträgt man das Leben leichter mit Alkohol? Es schaut wohl so aus. Alfred Komarek hat (auch schon eine zeitlang her) hier eine Person geschaffen, die es sicher da und dort wirklich gegeben hat - vielleicht auch noch gibt? Wenn dann aber jemand ins eigene Nest kackt, kommt der Gute in die Krise. Wie bewältigt man die Krise? Richtig, mit einem Glaserl.

Alfred Komarek: Polt muss weinen.