Es ist dieses beklemmende Gefühl, das sie treffend, aber nicht wertend, hervorkehrt. Das Gefühl, daß einer keine Chance hat, und daß es nur schlechter werden kann, daß das wenige, das man geschaffen hat, auch ständig an der Kippe steht. Da ist der farbige Dr.Copeland, der verzweifelt und scheitert an den Erniedrigungen, die er und seine Brüder und Schwestern mitmachen müssen, gipfelnd darin, als sein Sohn im Gefängnis verstümmelt wird. Dann ist da Biff Brannon, Restaurantbesitzer, sein Frau kürzlich verstorben. Aber mit ihr lief es schon lange nur mehr mäßig. Und Jake Blout, cholerischer Außenseiter, ein Wissender, wie er meint, dem Alkohol verfallen. Und Micky Kelly, jung, voller Tatendrang. Ihre innere Welt beginnt zu bröckeln, als sie mit einem älteren Schulkollegen in sommerlicher Idylle das erste Mal erlebt: anstatt rumzuhüpfen vor Freude wie ein junger Gamsbock, sind sie von der eben betriebenen Unzucht so betroffen - Harry haut überhaupt gleich ab. Zerbröckeln tut ihre innere Welt, die Musik, die Pläne dann vollends, als sie einen Job annimmt, die Schule schmeißt. Diese Charaktäre haben aber eine Säule, die sie trägt: Mister Singer. Der Taubstumme versteht alles und noch mehr. Aber auch er ist kein movens moventur. Als seine Stütze, Antonapulus, stirbt, bricht auch Singers Welt zusammen. Und, liebe Leserin, wer ist ihre Stütze? Und worauf stützt er sich ab? Wo ist der Mister Singer, der nicht zusammenbrechen darf?
Carson McCullers: Das Herz ist ein einsamer Jäger. Sz-Bibl. Bd.35
Mittwoch, 12. Oktober 2016
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