Bei der Lektüre von Kafkas Amerika drängte sich mir dasselbe Gefühl auf wie beim Schauen von Pinocchio seinerzeit. Aussichtslosigkeit, Ungerechtigkeit, was gut beginnt, endet noch böser - und ständig unter die Räder kommen, obwohl man guten Glaubens handelt, während andere, weit weniger redliche, Erfolg haben. Am abruptesten kommt die erste Wendung bei Kafka (der Onkel aus Amerika verstößt ihn), aber am intensivsten ist der Rauswurf aus dem Hotel Occidental. Man will garnicht mehr weiterlesen, weil es immer noch ärger kommt, als befürchtet. Kafka scheint darin eine Meisterschaft gefunden zu haben, denn das Adjektiv "kafkaesk" wird nicht selten verwendet, auch hundert Jahre später. Der Schluß ist dann schon mehr absurd und schräg, aber insgesamt ein wirklich herausragendes Werk, nicht umsonst in der SZ-Serie.
Franz Kafka: Amerika. SZ-Bibl. Bd.36
Sonntag, 6. November 2016
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