Das 21.Jahrhundert hat die Dominanz der Wahrnehmung durch Sehen und Hören noch wesentlich verstärkt. Eine Konsequenz dessen, so scheint es, ist, dass die anderen Sinne in den Hintergrund gedrängt werden. Zugleich aber wird der Geruchssinn durch starke, künstliche Gerüche abgestumpft, was zu noch weiterer Reduktion der Wahrnehmungsleistung führt (analog für Schmecken). Und dann haben wir da Jean-Baptiste Grenouille (Patrick Süskinds Das Parfum entsprungen), der riecht vereinfacht gesagt alles und kann über den Geruchssinn alles erkennen. Wie wäre so eine Fähigkeit heutzutage? In der U6 alles andere als lustig, man würde verrückt werden, obwohl Grenouille hat das Paris des 18.Jahrhunderts auch ausgehalten. Und immerhin ist in der U6 Kebap, Leberkässemmel und Pizzaschnitte verboten worden. Im Alltag könnte man erkennen, wer einen anlügt (klar: lügen riecht anders), wer nervös ist, wer gerade mit wem in Verbindung war, was es heute allerorts zu Mittag gab (so haben wir dann die drei genannten, olfaktorischen Spezereien wieder im Odeur der U6). Wäre garnicht so lässig, wenn man von einer Supernase völlig durchschaut wäre. Aber vielleicht kann ja die übernächste Google-Watch "Modell Grenouille" mit Riechsensoren das dann schon, in Verbindung mit Alexa wird das Ding dann frech: "Jetzt mach´ Dich nicht an wegen sowas. Schwitzer! Hey, die heiße Biene da drüben gefällt Dir wohl? Streit es nicht ab. Uh, ertappt, also wenn das ihre Uhr auch riechen kann, wird´s peinlich. Amason-Übertünchungsduft #4711 anwenden, automatische Chatanfrage,..." Umgekehrt kann die heiße Biene stets ihre Wirkung auf die Umgebung checken und bei Spitzenwerten (wo? natürlich in der U6) automatisch ein Update auf Insta hochladen (wo es von NeiderInnen geliked wird). Schöne neue Welt.
Patrick Süskind: Das Parfum.
Sonntag, 21. Juli 2019
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