Sonntag, 23. Februar 2025

Man müsste verrückt sein, wenn man hier normal ist

Ein verrücktes Buch über den Krieg ist eine passende Sache, weil Krieg ja auch verrückt ist. Die Liste der Verrücktheiten, welche die Charaktäre in Joseph Hellers Catch 22 haben, ist ellenlang und vermutlich umfassend in dem Sinn, was an Verrücktheiten existiert. Vielleicht ist das auch nur eine wahr Strategie des Einzelnen, um in den Pausen zwischen den Flügen durchzukommen. Neben Yossarian ist auch Milo Minderbinder eine schillernde Figur, eine Parodie vielleicht, aber der auch heute noch gültige Hinweis, dass es am Ende immer um die Kohle geht. Und ein Ausnahmezustand ist ja eine gute Voraussetzung, um Kohle zu machen. Man könnte leichthin sagen, ja, ein tolles, wichtiges Buch, wäre da nicht der X-Haken...

Joseph Heller: Catch 22, Sz-Bib.Bd.73

Sonntag, 9. Februar 2025

Keine wackelige Geschichte

 Es ist schön, wenn die Erwartung, die man an den Lieblingsautor hat, in seinem neuen Buch "Wackelkontakt" erfüllt werden. Die Vermengung der beiden Geschichten, die sich gegenseitig im Lesen eines Buches erzählen, ist schon eine lässige Idee. Haas gewohnt, genießt man die Stellen, wo er nicht vom Fleck kommt und weitschweifig ausholt, und man ist wachsam, weil gleich kann die Handlung in einem Nebensatz drei Kilometer weiter sein, ohne dass du es gemerkt hast. Auf der Suche nach spannenden Charaktären ist er fündig geworden im Trauerredner mit einem Faible für Puzzles mit Werken der klassischen Malerei.

Wolf Haas: Wackelkontakt

Donnerstag, 2. Januar 2025

Skurril und viel zu ernst (genommen)

Man stellt sich, wenn man in einer öffentlichen Bücherei daran vorbeischlendert, die Frage, was in einem Buch wohl stehen muss, dass der Autor (Zeitpunkt: ausklingendes 20. Jahrhundert) in Abwesenheit zum Tod verurteilt wird, also Salman Rushdie und sein Buch "Die satanischen Verse". Liest man das Buch ohne weiteres Vorwissen, so findet man sich in einer skurrilen Geschichte wieder von Filmschauspielern, die einen Flugzeugabsturz überstehen und sich dann verwandeln, der eine eher in einen Engel, der andere eher in den Satan. Die Stelle, welche den Urteiltenden damals sehr aufgestoßen ist, erkennt man auch als Laie. Es ist halt eine mögliche Interpretation, weil wer weiß schon, wie das alles damals wirklich entstanden ist. Aber man muss schon sagen: hätte jemand im Abendland im Mittelalter ähnlich mit biblischen Dingen verhandelt, wäre er ruck-zuck abgefackelt worden. Im Prinzip fehlte und fehlt es den Menschen an Humor und Liebe, sie nehmen alles (tod-)ernst, geändert haben sich nur die (digitalen) Mittel.