Fay Weldon hat hier eine nette Idee literarisch umgesetzt. Und es gibt dabei stellenweise wirkliche Glanzlichter. Aber insgesamt sind die Geschichten etwas zu skurril, schlagen etwas über die Strenge. Wie weit muss man vom vorstellbaren abweichen, und wie weit darf man. Außerdem ist das Pasticcio an Textsorten auch zu unterschiedlich, womit all das konstruiert wirkt (dass es konstruiert ist, ist alleine noch nichts Schlechtes). Der Kitt, der die Sammlung an Kurzgeschichten zusammenhält, erfüllt seine Funktion. Aber nicht mehr. Ich lerne die Figuren in den Einzeldarstellungen zu wenig kennen, kann nicht recht in die Story reinkippen. Und der Bezug zueinander ist zu schwach. Der gemeinsame Nenner "Frauengeschichten" ist für diese Art der Umsetzung zu vielgestaltig und bindet zu wenig im Konkreten. Die Ideen wäre aber ausbaufähig.
Fay Weldon: Spa Geflüster.
Montag, 30. April 2018
Donnerstag, 5. April 2018
Das 18. Jahrhundert, so sittsam unkorrekt
Ich finde ja die Entstehungsgeschichte schon mal bemerkenswert. Dem Herrn Cleland geht irgendwann die Kohle aus, und er überlegt sich, wie er diesem Umstand begegnen kann. Sex Sells dürfte auch schon im 18. Jahrhundert gegolten haben, also hat er einfach Die Memoiren der Fanny geschrieben - und dann: zuerst hat ihm der Verleger nicht viel abgegeben. Aber die Öffentlichkeit wollte vor weiteren dieser Werke verschont bleiben und so wurde er (monetär) ruhig gestellt.
Das Werk selbst besticht durch seine Sprache: ständig wird zum Angriff gerufen. Ist das anfangs noch amüsant, braucht sich der Effekt ab, genauso wie die Defloration, die Cleland so wichtig gewesen scheint, dass er sie mit den Kolleginnen von Fanny vervierfacht. Insgesamt natürlich eine Sichtweise der Männer und naiv dieselbe. Oder war die Welt damals nicht komplizierter? Und dann ist das ganze aus heutiger Sicht so wundervoll politisch inkorrekt, vom Alter der Beteiligten, oder auch dem Verkauf der Unschuld, oder auch die Szene mit dem geistig Retardierten. Und die große Parallele zu de Sade: am Ende die Läuterung und die Umkehr zur völligen Tugend.
Das Werk selbst besticht durch seine Sprache: ständig wird zum Angriff gerufen. Ist das anfangs noch amüsant, braucht sich der Effekt ab, genauso wie die Defloration, die Cleland so wichtig gewesen scheint, dass er sie mit den Kolleginnen von Fanny vervierfacht. Insgesamt natürlich eine Sichtweise der Männer und naiv dieselbe. Oder war die Welt damals nicht komplizierter? Und dann ist das ganze aus heutiger Sicht so wundervoll politisch inkorrekt, vom Alter der Beteiligten, oder auch dem Verkauf der Unschuld, oder auch die Szene mit dem geistig Retardierten. Und die große Parallele zu de Sade: am Ende die Läuterung und die Umkehr zur völligen Tugend.
Montag, 26. März 2018
Fraglos ein Klassiker
Es ist keineswegs verwunderlich, dass dieser Roman zur Weltliteratur gezählt wird. Eine Abenteuergeschichte, verwegene Helden, Liebesdramen, Machtspiele, Humor - hier ist alles enthalten. Die Erzählweise gerät nie ins Stocken, mit Überflüssigem wird sich nicht lange aufgehalten. Auch die teilweise Ambivalenz der Charaktäre macht die Story aus. Wer ist schon wirklich nur böse? Noch nicht einmal der Kardinal. Mylady? Vielleicht. Und Musketiere? Ohne Schwächen hätten sie den Namen nicht verdient. Wunderbares Genre!
Alexandre Dumas: Die drei Musketiere.
Alexandre Dumas: Die drei Musketiere.
Donnerstag, 1. März 2018
Die Philosphie des Bösen
Auch wenn Justine und Julitte vielleicht eine zusammengebastelte Geschichte war, ursprünglich, so könnte die Botschaft nicht klarer sein. Maches alles entsprechend der Tugend und dem Gehört-sich richtig, scheitere nie an deinen hehren Prinzipien, dann ist der Weg in den Abgrund vorbestimmg und geebnet. Und sogar die Vorsehung schickt dir am Ende noch lieber den Blitz als tatenlos zuzusehen, wie du es einmal gut hast. Umgekehrt, je mehr du vom rechten Weg abweichst, desto weniger kann dir geschehen. Je größer die Verbrechen, desto sicherer bist du. Warauf basiert aber De Sades Philosophie? Auf etwas nicht wegzudisktuierendem wie gleichsam leicht zu beweisenden: der Natur. Basis ist, dass die Natur vorsieht, dass sich der Stärkere den Schwächeren zu nutze macht. Und in De Sades Jahrhundert umgemünzt ist aus dem Starken der Reiche, aus dem Schwachen der Arme geworden. Heute käme noch dazu, dass der Ort der Geburt, also 1., 2., 3. Welt (bei De Sade noch als unterschiedliches Klima gesehen) entscheidend ist. Aber sonst hat sich da garnichts geändert. Und auch heute kommt einem schon sehr oft vor, als würde das Böse stets gewinnen, und je frecher und niederträchtiger jemand ist, desto weiter kommt er in jeder Hinsicht. Eine Antwort auf diese Philosophie hat man nicht wirklich parat. Das wäre ja wider die Natur!
Marquis de Sade: Gesammelte Werke (u.a. Justine und Juliette, Eugenie de Franvale, Florville und Courval, Ernestine. Eine Erzählung aus Schweden.)
Marquis de Sade: Gesammelte Werke (u.a. Justine und Juliette, Eugenie de Franvale, Florville und Courval, Ernestine. Eine Erzählung aus Schweden.)
Dienstag, 13. Februar 2018
Knickerbocker für Große oder große Knickerbocker
Knickerbocker für Große oder große Knickerbocker? Das war die Frage, die sich anhand der Fortsetzung von Brezinas Knickerbocker "Alte Geister ruhen unsanft" stellte. Natürlich gibt dieses Buch einmal nichts her, wenn man nicht die herkömmlichen Knickerbocker Bücher kennt. Eines, zwei oder zwanzig oder noch mehr, damit man die Charaktäre wirklich gut kennt. Denn nur so macht es Sinn zu erfahren, was aus den Vier geworden ist.
Die gestellte Frage wird beantwortet - die Knickerbocker sind groß, sprich erwachsen, geworden, aber das Buch ist genauso gut für Knickerbockerleser gedacht. Der Stil ist immer noch derselbe geblieben, auch der Plot ist knickerbockerverdächtig, sofern man die neuen (alten) Allüren außer Acht läßt. Somit ein must read für Fans, aber für (noch) nicht Fans wären einmal ein, zwei, zwanzig Bände KB angesagt zur Vorbereitung. Ob die 4immer Serie auch 50, 60 oder 70 Bände erreichen wird? Ich glaube nicht, Kinder mögen Kinderhelden.
Thomas Brezina: Alte Geister ruhen unsanft.
Die gestellte Frage wird beantwortet - die Knickerbocker sind groß, sprich erwachsen, geworden, aber das Buch ist genauso gut für Knickerbockerleser gedacht. Der Stil ist immer noch derselbe geblieben, auch der Plot ist knickerbockerverdächtig, sofern man die neuen (alten) Allüren außer Acht läßt. Somit ein must read für Fans, aber für (noch) nicht Fans wären einmal ein, zwei, zwanzig Bände KB angesagt zur Vorbereitung. Ob die 4immer Serie auch 50, 60 oder 70 Bände erreichen wird? Ich glaube nicht, Kinder mögen Kinderhelden.
Thomas Brezina: Alte Geister ruhen unsanft.
Samstag, 3. Februar 2018
Der Fehler ist das Denken
Dass man den Fehler begeht, ist nicht die Frage, sondern höchstens noch die Auswirkung, die ist spannend. Und was ist falsch und richtig? Warum können wir Menschen die Finger nicht von Dingen lassen, wenn wir wissen, dass es uns Ungemach bereitet und vielleicht nur kurzfristig Glück? Vermutlich ist es das Denken, das ganz und gar von der Sache gefangen wird. Man kann sich vielleicht ablenken, aber kaum lässt man damit locker, ist er auch schon wieder da, der Gedanke. Zum Beispiel von Jara an Arie. Ihr Leben, das sich unter einer netten Decke zum Ende ihrer zwanziger hin eingerichtet hat, ist alles andere als gesetzt und bereit. Viel zu viel hat sie schon mitgebracht und unter der Decke versteckt. Und nicht dass jetzt jemand glaubt, die alten in der Geschichte wären sich im Reinen. Die Mehrecksgeschichte umfasst die Eltern von Jara, einen einstigen Verehrer ihrer Mutter, natürlich Jara selbst und auch Joni als Bezugspunkt mit unterschiedlicher Distanz. Aber Distanz. Spontan das durchgeplante Leben über Bord werfen, alles risikieren. Wägt man da ab? Sagt man, was habe ich schon auf der Aktivseite, was ist weg? Mit 20, 30, 40, 50? Oder ist der Gedanke so stark, dass es kein Gegengewicht gibt. Eine Frage des Tempraments oder doch der Kraft des Löwen der lockt. Anfangen damit ist die Krux:
"...das Nichtwissen, wie es ist, wenn man Feuer schluckt, denn jetzt, wo ich es wußte, verspürte ich einen schrecklich faden Geschmack, weil alles, was weniger war als das, mich nicht mehr begeistern würde"
Zeruya Shalev: Liebesleben
"...das Nichtwissen, wie es ist, wenn man Feuer schluckt, denn jetzt, wo ich es wußte, verspürte ich einen schrecklich faden Geschmack, weil alles, was weniger war als das, mich nicht mehr begeistern würde"
Zeruya Shalev: Liebesleben
Montag, 1. Januar 2018
Unaufgeregter Aufreger
Jetzt hat man irgendeine Vorstellung davon, wie ein Buch wohl klingen muss, in dem eine (heute vermutlich) ehemalige Prostituierte auspackt. Aber der Erzählstil in "Fucking Berlin" ist nüchtern und unaufgeregt, sodass man glauben möchte, das wäre wirklich ein Job wie jeder andere. Nicht einmal in die Szene beim "ersten Mal für Geld" hat die Autorin große Beschreibungen gelegt. So kommt man recht rasch weg von der Überlegung, wie das wohl für Frauen so sein muss und eine plätschernde Geschichte vor der Kulisse Berlins nimmt ihren Lauf, einen Ehemann und eine Affäre, das Studium und die kleineren und größeren Probleme abseits der konkreten Handlung beim Geschäft. Vielleicht sollte Sonia Jahre später ihre Sichtweise auf diese Dinge nochmal beschreiben, das wäre interessant.
Abonnieren
Posts (Atom)