Ist das ein übler Zug, wenn sich eine Person A aufopfert, alles macht, um eine andere Person B voranzubringen, glücklich zu machen, aber im Endeffekt entscheidet sich die Person B, nachdem der Erfolg durchgeschlagen hat, für eine Person C (mit anderen Qualitäten, Geld, Aussehen, Status). Wäre es als Belohnung nicht angemessen, wenn Clara (A) den Dirigenten Edwin (B) bekommen hätte? Andererseits macht Clara das ja freiwillig, und der Preis ist nicht vorweg ausgemacht. Das ist freilich nur eine Erzählung von Urs Widmer. Aber kommt uns dieses Schema nicht doch bekannt vor? Warum kommen solche fleißigen Mädchen, solche guten Zuhörer und Tröstermänner meist doch nicht zum Zug? (Man hört hier am Lande immer die Mütter und potentiellen Schwiermütter sagen: ich versteh nicht, warum der keine bekommt, der is ja so kommod. Und fleißig.
Vielleicht ist es, weil sie zu einfach zu haben sind. Was nichts (keinen Aufwand) kostet, ist nichts wert. Aber vielleicht bequem. Edwin war nicht bequem (sonst hätte er sich das anfängliche Theater als Dirigent nicht angetan). Er war zielstrebig und hat die Millionenerbin gewählt. Clara hat das nie überwunden.
Urs Widmer: Der Geliebte der Mutter
Sz-Bibl.Band 58
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